Connex führt die 84-Stunden-Woche ein

Nachdem dem Unternehmen die Lizenz in Großbritannien bereits entzogen wurde, droht jetzt in Norwegen Ungemach

OSLO taz ■ BusfahrerInnen sind 18 bis 20 Stunden im Einsatz, haben allenfalls eine vierstündige Pause. Manche arbeiten 84,5 Stunden in der Woche, bei einem freien Tag. Überstunden-, Nacht- oder Sonntagszuschlag gibt es nicht. Haarsträubende Zustände, die in den letzten Tagen gleich mehrere Reportagen im norwegischen Fernsehen über die Busgesellschaft Connex öffentlich machten. Jetzt stellte die Transportarbeitergewerkschaft bei der Osloer Polizei gegen Connex Strafanzeige wegen des Bruchs von Arbeitsschutzvorschriften.

Connex – Tochter des französischen Vivendi-Konzern und in Deutschland der schärfste Konkurrent der Deutschen Bahn AG – hat in den letzten Jahren in Norwegen verschiedene private und öffentliche Personennahverkehrsgesellschaften übernommen. Von Anfang hieß es, dass Fahrpläne, Lenkzeiten und Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten werden. Eltern forderten, die Connex-Verträge zu kündigen. Übermüdete Schulbusfahrer mit Fahrzeiten von bis zu 20 Stunden transportierten ihre Kinder.

Im Zusammenhang mit der jüngsten Strafanzeige gegen Connex sprechen Gewerkschafter in einer Presseerklärung nun von „internationalen Finanzhaien, denen man den öffentlichen Nahverkehr auf dem Tablett serviert habe, um ihren Reibach zu machen“. Petter Jørgensen von der Osloer Busfahrervereinigung: „Die Gesellschaft nutzt ihre Fahrer so aus, dass sie niemals eine Konzession hätte bekommen dürfen.“

Für Connex, das gerade in Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium für die Übernahme eines Teils des norwegischen Eisenbahnfernverkehrs steht, kommen die Beschwerden extrem ungelegen. War die Gesellschaft doch kürzlich erst in die Schlagzeilen gekommen, weil die britische Bahnaufsichtsbehörde ihr auf verschiedenen Strecken vorzeitig die Lizenz entzogen hatte (taz vom 5. Juli 2003).

Kjetil Førsvoll, Verwaltungschef von Connex-Norwegen, beteuerte in der Presse: „Connex-Norwegen ist eine seriöse Gesellschaft mit 1.200 Angestellten – wir können uns so etwas gar nicht leisten.“ Dann gesteht er aber doch ein, dass gegen Arbeitsrecht verstoßen wurde: „Wir haben angefangen, das zu überprüfen.“ Bislang habe man in 30 Fällen unzulässige „Abweichungen“ konstatieren müssen.

Die Gewerkschaft macht neben Connex auch die Behörden, die Polizei und speziell das Verkehrsministerium dafür verantwortlich, ihre Kontrollpflicht gegenüber Connex sträflich vernachlässigt zu haben. Beim Verkehrsministerium hatte man nämlich vor den Enthüllungen des Fernsehens angeblich „keine Ahnung“ von den Arbeitsverhältnissen bei Connex und beschränkte sich darauf, Personal und Gewerkschaften aufzufordern, von sich aus Strafanzeige zu stellen. REINHARD WOLFF