WENN DIE USA NICHT IN LIBERIA HELFEN, MÜSSEN ES ANDERE TUN
: Nichtstun tötet

Die USA sind dabei, in Afrika ihren Ruf zu verspielen. Einmütig fordert die Weltöffentlichkeit – von Liberias Kirchen über UN-Organisationen bis hin zu den führenden Hilfsorganisationen – ein Eingreifen des US-Militärs in Liberia, um hunderttausenden von Menschen zwischen den Kriegsfronten Sicherheit zu bieten und damit humanitäre Hilfe sowie die Einsetzung einer von zivilen Kräften gesteuerten neuen Regierung zu ermöglichen. Denn anders als Friedenstruppen aus Nigeria, die in Liberia schon einmal einen Bürgerkrieg über Jahre verlängerten, genießen die USA dort so viel Respekt, dass ihre Präsenz Frieden stiften könnte – und sei es nur, weil ein Warlord sich geehrt fühlt, wenn er vor den USA die Waffen strecken darf, während ein Aufgeben gegenüber westafrikanischen Brüdern irgendwie demütigend aussieht. Aber Washington ziert sich seit Wochen – und erfindet immer neue Pirouetten, wonach es sich noch nicht endgültig entschieden habe.

Klar: Ein US-Eingreifen in Westafrika hätte für Washington politischen Sinn, nicht militärischen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass die USA jetzt zu der Überzeugung europäischer Kriegsgegner gelangt sein sollten, dass Militäreinsätze der Verwirklichung politischer Ziele nicht dienlich sein können – zumal diese Ansicht in einem Bürgerkriegsland, wo politische Ziele ausschließlich mit militärischen Mitteln verfolgt werden, völliger Unsinn wäre. Mit ihrer Zurückhaltung bezeugen die Vereinigten Staaten vielmehr Desinteresse.

Andererseits ist nicht einzusehen, warum der Verweis auf die US-Passivität das Nichtstun sämtlicher anderen tatsächlichen oder möglichen Akteure entschuldigen sollte. Westafrikanische Eingreiftruppen wären besser als gar keine. Und wenn die EU als Etikette für eine französische Intervention im Kongo dienen kann, warum sollte nicht auch Liberia, dessen Nachbarn Sierra Leone und Elfenbeinküste bereits europäische Militäreinsätze hinter sich haben, für Europa zählen? Es darf nicht nur eine Weltmacht geben, fordern europäische Politiker immer wieder. In Liberia könnten sie dafür etwas tun. DOMINIC JOHNSON