Maschinen im Visier

Die ARD zeigt eine dreiteilige „Bombenkriegs“-Doku –und verwendet das Wort Ausrottung leider zu einseitig

Es knallt im deutschen Fernsehen. Seit Monaten bombardieren uns die Sender mit kriegerischem Gedenken ans vorige Jahrhundert. Verdun, Wolfsschanze, Normandie, Weltkriege, meist an Jubiläen gekoppelt, gern mal einfach so.

Das aktuelle Beispiel heißt „Bombenkrieg“, läuft ab heute dreimal montags in der ARD und ist eigentlich eine gute Sache. Jeweils 45 Minuten lang wird die wohl verheerendste aller konventionellen Angriffsstrategien analysiert. Gespickt mit Archivmaterial haben die Regisseure Johannes Eglau und Florian Huber eine Historiografie des Kriegs von oben erstellt – vom Fieseler Storch mit Handabwurf über den Testlauf industrialisierter Flächenbombardements auf Guernica bis hin zu Dresden.

Drei gute Dokumentationen, könnte man meinen. Wir lernen, dass Hermann Göring ein gefeierter Jagdbomber des Ersten Weltkriegs war oder das Schlachtfeld 1917 erstmals von der Front in die Stadt (London) verlagert wurde. Doch all die gute Recherche, die Riege redseliger Zeitzeugen aller Lager und Kevin Spaceys Stimme (Till Hagen) aus dem Off können nicht über den abrechnenden Grundton der NDR-Produktionen hinwegtäuschen.

Bereits der Einstieg von Teil 1 („Angriff“) kümmert sich um die „Tortur für Stukka-Piloten“, denen beim Sturzflug „das Blut in den Kopf schießt“. Etwas eigenwillig, mit den Tätern zu beginnen, vielleicht ja ein dramaturgischer Trick, wie ihn auch unverdächtige Filmer wie Nikolaus Geyrhalter gern mal wählen. Und die Opfer bleiben keineswegs unerwähnt. Doch mit jeder Minute spitzt sich die chronologische Handlung auf den Luftkrieg über Deutschland zu, die Frage also, ob die „Operation Gomorrha“ ein singuläres Verbrechen war. Wird die Eskalationslogik von Angriffen und Gegenangriffen im zweiten Teil („Gegenschlag“) noch ausgewogen dargestellt, geht es in Teil 3 („Untergang“) nur noch um alliierte Attacken und deutsche Attackierte.

Das ist zwar einseitig, aber durchaus statthaft. Erst beim Blick auf die Kleinigkeiten wird es richtig heikel: Wenn das Wort Ausrottung allein der britischen Taktik gilt, wenn dem Zusammenhalt bombardierter Berliner lange Passagen gewidmet werden, wenn Swinoujscie stets Swinemünde heißt oder der Brite zugibt, Menschen beschossen zu haben, während der Deutsche nur Maschinen im Visier hatte. Das mag keiner revanchistischen Strategie folgen, befremdlich klingt es trotzdem. JAN FREITAG

„Der Bombenkrieg – 1. Angriff“ , heute, 21.45 Uhr, ARD„Der Bombenkrieg – 2. Gegenschlag“, 5. Juli, 21.45 Uhr, ARD„Der Bombenkrieg – 3. Untergang“, 12. Juli, 21.45 Uhr, ARD