Salomonen werden rekolonisiert

Australisch geführte Militärintervention beginnt in dem pazifischen Inselstaat

MELBOURNE taz ■ Nicht ein Schuß fiel, als gestern die ersten Kontingente einer von Australien geführten Eingreiftruppe mit schweren Transportflugzeugen und mit dem australischen Truppentransporter und Lazarettschiff „HMAS Manoora“ auf den Salomoneninseln im Südpazifik, landeten. „Operation Helpem Fren“ – „Hilfe für einen Freund“ – soll mit über 2000 Polizisten und Soldaten aus Australien, Neuseeland, Fidschi, Papua-Neuguinea und Tonga Recht und Ordnung auf dem Inselstaat wieder herstellen. Die Eingreifer haben das Recht, ihre Gegner notfalls zu erschießen. Australien will auch verhindern, das sich auf einer der 992 Inseln der Salomonen ein internationaler Terroristenstützpunkt etabliert.

Die insgesamt 450.000 Bewohner der Salomonen verhalten sich den Truppen gegenüber bislang angeblich freundlich, da sie von ihnen die Befreiung von Terror und Anarchie erwarten. Das Parlament der Salomonen hat der Militärintervention zugestimmt. Denn seit Monaten machen Milizen und kriminellen Banden sogar die Hauptstadt Honiara unsicher. Wichtigster Rebellenführer ist Harold Keke,der sich selbst zum General der „Befreiungsfront von Guadalkanal“ befördert hat. Er fordert die Abtrennung der Hauptinsel Guadalkanal vom Rest der Salomonen und einen unabhängigen Staat für sich und seine Anhänger. Die etablierten Politiker in Honiara bezichtigt er der Korruption. Eine Entwaffnung seiner Truppen lehnt er ab.

Vor der Interventionstruppe haben sich Kekes Rebellen zunächst in die Berge und in schwer zugängliche Dschungelgebiete sowie einige der abgelegenen Inseln des Landes zurückgezogen. Um die fremden Invasoren milder zu stimmen, hatte Keke am Vorabend der Invasion drei seiner Geiseln, anglikanische Missionare, freigelassen. Ein weiteres positives Ergebnis brachte die Intervention bereits: Salomonen-Premierminister Sir Allan Kemakeza ist gestern wieder in die Hauptstadt Honiara zurückgekehrt, nachdem er am Vorabend an Bord eines Patrouillenbootes geflüchtet war, um einer möglichen Entführung durch die Rebellen zu entgehen.

Nach australischer Einschätzung könnten die Salomonen, die 1978 von Großbritannien unabhängig wurden, über zehn Jahre Hilfe benötigen, um administrative Strukturen neu aufzubauen. Nach den australischen Plänen sollen die wichtigsten öffentlichen Verwaltungsbereiche jetzt durch australische Fachleute oder in Australien lebende Exilsalomoner verstärkt werden. BORIS BEHRSING