Mit einem Kopftuch auf Streife

In Kürze soll schwedischen PolizistInnen das Tragen von Kopftüchern und Turbanen erlaubt werden. Polizei will ihre Sicherheitsbestimmungen entsprechend anpassen

„Der Dienstturban gehört seit mehreren Jahren zu unserem Uniformangebot“

STOCKHOLM taz ■ In spätestens drei Monaten sollen Uniformkopftuch und -turban zum normalen Ausstattungsfundus der schwedischen Polizei gehören. „Es ist wichtig, dass auch die Polizei klar macht, dass bei ihr unterschiedliche ethnische Hintergründe oder Religionszugehörigkeiten akzeptiert werden“, begründet Inger Mattson-Kasserud, stellvertretende Personalchefin der Reichspolizeibehörde, diese neuen Uniformbestandteile.

Damit ändert nun auch die Polizei ihre Linie und beugt sich der vom Ombudsman gegen ethnische Diskriminierung (DO), verschiedenen Branchen und Berufsgruppen vorgebrachten Kritik, es Personen mit anderem religiösen oder kulturellen Hintergrund schwer oder ganz unmöglich zu machen, sich für bestimmte Arbeitsplätze zu bewerben. Gibt es in vielen anderen Berufen – so auch bei LehrerInnen – schon lange keine Hindernisse mehr für Kopftuch oder Turban, äußerte sich der DO wiederholt deutlich kritisch zur Situation gerade in Berufsgruppen, bei welchen angebliche Sicherheitsbedenken deren Tragen entgegenstehen.

Wie bislang bei der Polizei. „Es geht überhaupt nicht darum, dass es in der Bevölkerung verschiedene Meinungen zum Kopftuchtragen von Polizeibeamten gibt“, verneint Mattson-Kasserud ausdrücklich solcherart Rücksichtnahme als Grund der bisherigen Praxis. Im Gegenteil halte man gerade bei der Polizei es für sehr wichtig, sich für verschiedene Kulturen zu öffnen: „Wir werden jetzt ganz einfach die Sicherheitsbestimmungen entsprechend anpassen.“ Außerdem werde man die neuen Kopfbedeckungen so konzipieren, dass sie sich mit der vorhandenen Schutzausrüstung, vor allem den Helmen, vereinbaren ließen.

Sicherheitsvorschriften machten es in der Vergangenheit auch den Verkehrsbetrieben der Stadt Göteborg unmöglich, Turban und Kopftuch bei ihrem Straßenbahn- und Buspersonal zu akzeptieren. Mitte der Achtzigerjahre hatte man in Göteborg noch einen Sikh fristlos gekündigt, der sich weigerte, beim Chauffieren den Turban abzusetzen. Er bekam damals mit diesem Vorgehen durch alle arbeitsgerichtlichen Instanzen Recht.

„Die Zeiten haben sich geändert“, so Thomas Torkelsson, Chef der Straßenbahn, schließlich sei Schweden eine multikulturelle Gesellschaft geworden: „Der Dienstturban gehört seit mehreren Jahren zu unserem Uniformangebot und wir wollen jetzt auch ein Uniformkopftuch einführen.“

Schon bislang tragen mehrere Angestellte private Kopftücher im Dienst, das wolle man jetzt legalisieren und vereinheitlichen. Einen Schritt, den verschiedene Bahn- und Busgesellschaften wie Connex und Swebus schon vor Jahren gemacht hatten.

Die Diskussion darüber, ob das Kopftuch ein Symbol für die Unterdrückung von Frauen sei, hält Swebus-Personalchef Jan Bosaeus in diesem Zusammenhang für irrelevant: „Wenn diese Kopfbedeckung wichtig für eine Angestellte ist, haben wir als Arbeitgeber uns da nicht weiter einzumischen.“ Und die Fahrgäste? „So gut wie keine Reaktionen“, laut Bosaeus: „Da gab es schon wesentlich heftigere Debatten, als wir Shorts bei unseren Chauffeuren erlaubten. Damit hatten viele unserer Fahrgäste ernste ästhetische Probleme.“

REINHARD WOLFF