Ein Leichenbeschauer fällt über Tonbandsalat

Kaum gewählt, schon erwischt: Der zypriotische Europa-Abgeordnete Matsakis soll einen Polizisten erpresst haben

BERLIN taz ■ Das neue Europäische Parlament ist kaum gewählt, da ist schon der erste Korruptionsfall anhängig. Marios Matsakis vom EU-Neumitglied Zypern soll die Hauptfigur in einem Erpressungsfall übelster Art sein. Außerdem beteiligt: ein Drogendealer mit dem Spitznamen „Panther“, ein aufrechter Polizist der Drogen-Sondereinheit und unbekannte Dunkelmänner. Mit verwickelt: Zyperns Generalstaatsanwalt Solon Nikitas und Präsident Tassos Papadopoulos.

Marios Matsakis hat auf Zypern schon lange einige Berühmtheit erlangt. Der Pathologe avancierte nicht nur zum ersten Leichenbeschauer. Er vertrat auch die Demokratische Partei im zyperngriechischen Parlament. Dort hat sich Matsakis als glühender Anhänger des Hellenismus bekannt, der Kofi Annans „teuflischen“ Zypern-Plan verdammte. Sein bester Freund aber ist Präsident und Parteifreund Papadopoulos, denn „nur er kann den Hellenismus auf Zypern retten“.

Doch jetzt hat „Super Mario“ (Cyprus Mail) ein Problem: Tonbänder, meterweise, die belegen sollen, dass er von einem Polizisten 17.000 Euro verlangt habe, damit ein Ermittlungsverfahren gegen den Beamten zu dessen Gunsten ausfällt.

Die Affäre begann, als die Polizei im Januar den mutmaßlichen Drogendealer Christodoulou alias Panthiras (Panther) observierte. Beim Verwanzen seines Autos schoss ein Beamter auf den Panther und verletzte ihn.

Ins Krankenhaus eingeliefert, bat der Panther den Pathologen um Hilfe. Anfang April kontaktierte ein Kollege den schießenden Polizisten: Matsakis wolle ihn sehen. Der Offizier informierte daraufhin seinen Vorgesetzten. Der ließ ihn nach allen Regeln der Abhörtechnik verkabeln und schickte ihn so zum Treffen mit dem Pathologen.

Den Tonbandprotokollen zufolge forderte Matsakis 17.000 Euro als Gegenleistung dafür, dass der Polizist nicht wegen des Schusswaffengebrauchs ins Gefängnis geworfen werde. Er, Matsakis, sei zuständig für den Abschlussbericht – und außerdem könne er den Generalstaatsanwalt entsprechend beeinflussen.

„Ich bin vollkommen unschuldig!“ Viel mehr mochte der EP-Abgeordnete Matsakis nicht sagen, als der Erpressungsversuch jetzt dank der Zeitung Politis ruchbar wurde. Nur so viel noch: „Sie werden mich nicht zum Schweigen bringen, solange sie mich nicht umbringen.“ Wenig zu erzählen hatte auch Generalstaatsanwalt Nikitis, bei dem das Abhör-Dossier offenbar wochenlang unbeachtet geblieben war. Für eine Aufhebung von Matsakis’ Immunität hätten die Beweise nicht ausgerecht, verteidigte sich Nikitis.

Und Präsident Papadopoulos, alter Parteifreund von Matsakis? Der musste zugeben, schon seit Ende April von der Affäre gewusst, aber nichts getan zu haben. Im Gegenteil: Matsakis konnte – unschuldig wie ein Lamm – als Spitzenkandidat von Papadopoulos’ Partei für die Europa-Wahlen antreten – und wurde mit 27.371 Stimmen gewählt. KLAUS HILLENBRAND