„Katastrophen nicht herbeireden“

Beim Agrarrat in Brüssel dämpft Ministerin Künast die Erwartungen der Bauern auf Dürrehilfe. Die Kriterien für Zahlungen aus dem Katastrophenfonds seien nicht erfüllt. Allerdings werde die Bundesregierung die Bauern „nicht allein lassen“

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Hoffnungen auf einen Geldregen aus Brüssel als Ausgleich für die Dürreschäden dürfen sich deutsche Landwirte nicht machen. Agrarministerin Renate Künast (Grüne) stellte gestern beim Treffen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel klar, dass es keine Katastrophenhilfe wie beim Elbehochwasser im vergangenen Jahr geben werde. „Man soll Katastrophen nicht herbeireden“, sagte Künast. Bei der Flut seien ganze Wirtschaftsbereiche ausgefallen. „In dieser Situation sind wir heute nicht.“ Auch die Kriterien für Zahlungen aus dem neuen EU-Katastrophenfonds seien nicht erfüllt.

Da die Bauern in Süd- und Ostdeutschland aber durch die Trockenheit enorme Ertragseinbußen hätten, müssten laut Grundgesetz zunächst die betroffenen Landesregierungen helfen. Ohne Kofinanzierung vom Bund gehe das natürlich nicht. Brüssel werde wohl grünes Licht für diese genehmigungspflichtigen Beihilfen geben. Künast sagte außerdem zinsbegünstigte Darlehen der landwirtschaftlichen Rentenbank zu. Berücksichtigt würden aber nur Betriebe, die mindestens 30 Prozent Einnahmeausfälle hätten und deren Existenz bedroht sei. Dabei werde jeder Einzelfall geprüft, „wie es früher auch üblich war“.

Bereits am 4. Juli hatte die EU-Kommission den deutschen Antrag genehmigt, still gelegte Flächen mähen zu dürfen, um zusätzliche Futtermittel zu gewinnen. Zudem hat sie jetzt signalisiert, die Prämien für Betriebe in betroffenen Regionen früher auszuschütten. Normalerweise werden 80 Prozent der Brüsseler Agrarbeihilfen im laufenden Jahr ausgezahlt, nun sollen 60 Prozent bereits im September an die Bauern fließen. Ob das Geld dann tatsächlich zur Verfügung steht, prüfen die Finanzfachleute der Kommission. Die Präsidenten des Europäischen Bauernverbandes und des Genossenschaftsdachverbandes hatten sich Ende letzter Woche in einem Brief an die EU-Kommission und den Ministerrat gewandt und ein Sonderhilfsprogramm der EU gefordert. Neben den deutschen Landwirten müssen vor allem die italienischen und viele französische Bauern mit hohen Einbußen rechnen. Notfalls müsse der Europäische Solidaritätsfonds einspringen, der bei Naturkatastrophen eintritt, heißt es in dem Brief.

So weit will der Deutsche Bauernverband zur Zeit nicht gehen. Obwohl auf den Feldern in Ostdeutschland, Niedersachsen und Hessen bis zu 90 Prozent weniger geerntet wird als im Vorjahr, verlangen die deutschen Bauernvertreter keine zusätzlichen Mittel. Allerdings setzen sie darauf, dass es mit der frühzeitigen Auszahlung der EU-Prämien klappt. Es gehe vor allem um schnelle Hilfe. Viele Betriebe, gerade in Ostdeutschland, müssten sonst Mitarbeiter entlassen.

Künast allerdings hält nichts davon, jetzt schon Zahlen zu nennen. Für die Bauern sei die Grundsatzerklärung wichtig, sie mit ihrem Problem nicht allein zu lassen. Zusagen werde es erst geben, wenn die Ernteausfälle Ende August tatsächlich berechnet werden können.