„Und nicht vergessen: Das Klima schützen!“

Der BUND in Bremen wurde 90 und widmete sich dazu dem Thema Klimaveränderung in der Unterweserregion. „Nicht bloß eine Frage der Technik“

Bremen taz ■ Mit ein paar klaren Worten beendete der renommierte Kieler Klimatologe Mojib Latif gleich zu Beginn der Klimatagung des Bremer BUND einen leidigen Streit: „Erstens: Der Klimawandel findet statt. Zweitens: Wir haben schon heute mit ihm zu tun. Und drittens: Er ist von Menschen gemacht.“ Die Frage, ob es überhaupt einen Klimawandel geben wird oder ob wir es nur mit natürlichen Wetterschwankungen zu tun haben, stelle sich schon lange nicht mehr. Untersuchungen an Eiskernen und Baumringen zeigten: Seit der Industrialisierung hat sich der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre ganz unnatürlich gesteigert. Innerhalb der nächsten 100 Jahre müsse man mit einem durchschnittlichen Anstieg der Temperatur zwischen 1,4 und 5,8 Grad Celsius ausgehen. Das größte Problem bei den Prognosen: „Wir wissen nicht, wie die Gesellschaft sich verhält“, so Latif. Gibt es Einsicht in das Problem und reduzieren die Industrieländer ihre Schadstoffemissionen? Wie verhält sich eine Nation wie China in den nächsten Jahrzehnten? Fragen, die die Gesellschaftswissenschaftler und Ökonomen genauso beschäftigen wie die Klimatologen.

Ein an der Bremer Universität angesiedeltes Forschungsprojekt zum Klimawandel in der Unterweserregion bringt daher Wissenschaftler fast aller Disziplinen zusammen, um Prognosen für diese Region aufzustellen aber auch um Vorschläge zu entwickeln, wie damit umzugehen sei. Der Bremer Biologe Michael Schirmer ist Sprecher dieses Projektes und erläuterte die wahrscheinlichen Szenarien. Danach würde die Weser im Jahr 2050 im Winter bis zu einem Drittel mehr Wasser führen. Die Brackwasserzone wandere etwa zwei Kilometer flussaufwärts. Die längeren Sommer bescherten der Landwirtschaft höhere Erträge – andererseits müsse man sommers mit Trockenperioden von sieben und mehr Wochen rechnen, „Unsre Marschen würden Risse bekommen“. Als vorbeugende und wichtigste Schutzmaßnahme gegen den Anstieg des Meeresspiegels nannte Schirmer neue Deiche und den Schutz der Flussbetten, so dass Flüsse wieder über die Ufer treten und den Meeresspiegelansteig natürlich ausgleichen können.

Dramatisch klingen diese Szenarien für die Region nicht. Aber, so die Vorsitzende des BUND Angelika Zahrnt, Entwarnung zu geben sei gefährlich und verantwortungslos. Was hier mit technischen Lösungen wie Deichbauten einzuholen sei, würde in Bangladesh Menschenleben kosten. „Und die Verursacher des Klimawandels sind immer noch wir.“ Sie plädierte auf der abschließenden Podiumsdiskussion vehement für Ursachenbekämpfung. Verbraucher müssten wieder zum Energiesparen angeregt werden. Die politische Bereitschaft, in erneuerbare Energieen zu investieren, sei erfreulich, das Ziel aber sei nach wie vor: Energie einzusparen. Was den Naturschutz betrifft, so geißelte sie gemeinsam mit Dorothea Steiner von den niedersächsischen Grünen die jüngst veröffentlichte Wunschliste der Nordbundesländer, die sowohl Elbe als auch Weser weiter ausbaggern wollen, den Tiefseehafen in Wilhelmsahven, den Hamburger Hafen und den Containerterminal in Bremerheaven parallel weiter treiben wollen. Der Bremer Bausenator Jens Eckhoff, bekannt für sein Windenergie-Engagement („Manchmal gucken mich meine CDU-Kollegen in den andeen Ländern schon komisch an.“) konnte an dieser Stelle kaum Entwarnung geben: „Wenn wir Wilhelmshaven bekommen, dann müsen vielleicht Elbe und Weser nicht ausgebaggert werden.“ hey