Dieter war‘s

Schwimmende Autos, kollabierte Reisende und brennende Bremsen verschafften Reisenden in Norddeutschland aufregende Stunden

Bremen taz ■ Nach der drückenden Schwüle vom Wochenende versprach Gewittertief „Dieter“ am Sonntag erlösende Abkühlung. Tatsächlich brachte es Überflutungen und umgestürzte Bäume, die Schäden an Häusern und Autos hinterließen – sowie gründlich gestörte Bahnverbindungen.

In Leer brachte ein einstündiger Starkregen AutofahrerInnen zum Schwimmen: auf einigen Straßen stand das Wasser nach Polizeiangaben bis zu 50 Zentimeter hoch. Mindestens 60 Keller in der Stadt liefen voll.

Reisende im Zug zwischen Bremen und Osnabrück machten eine besondere Erfahrung: dass man für eine Dreiviertel-stunden-Strecke auch sechs Stunden benötigen kann. Herabfallende Äste hatten die Oberleitung auf der Strecke zwischen den zwei Städten beschädigt. Insgesamt mussten bis spät in die Nacht zum Montag deshalb 17 Züge über Hannover umgeleitet werden, sagte Bahnsprecher Hans-Jürgen Frohns.

In der Leinestadt allerdings hatten viele Züge keinen Anschluss. Auch war für Rollstuhlreisende die notwendige Umsteigehilfe rar. Aufgebrachte, in Hannover gestrandete Reisende Richtung Bremen erhielten statt erhoffter Taxi-Gutscheine schließlich den Verweis auf eine letzte Zugverbindung in die Hansestadt – Abfahrt kurz nach Mitternacht. Zu dem Zeitpunkt sollten sie ihr Reiseziel seit etwa vier Stunden erreicht haben. Auch so genannte „Pünktlichkeitsgutscheine“, die die Bahn manchmal zum Trost bei all zu großer Verspätung verteilt, gab es für sie nicht. Statt dessen verzögerte sich auch die Abfahrt der allerletzten Verbindung an die Weser: Im Zug war ein Mensch kollabiert und musste mit erster Hilfe versorgt werden.

Diejenigen, die von Osnabrück nach Hamburg unterwegs waren, bekamen zwar 25-Euro-Bons, ansonsten traf es sie aber noch schlimmer. Ihr umgeleiteter Zug blieb zwischen Hannover und Celle an einem Dorfbahnhof liegen – mitten im Regen mit brennenden Bremsen. Die überarbeiteten Schaffner kämpften tapfer den Rauch mit Feuerlöschern nieder. Statt um viertel nach zehn abends erreichten die Reisenden die Alster um halb vier morgens. Der Lokführer bedankte sich für die Geduld und Ruhe seiner Fahrgäste, „obwohl diese Reise eher eine Odyssee als eine Bahnfahrt war“.ULRIKE BENDRAT