Ost-Beamte müssen noch warten

Bundesverfassungsgericht lehnt Anspruch auf gleiche Besoldung von Beamten in neuen und alten Ländern ab. Verwaltungsgericht Dresden wollte Gleichstellung ab 1996. Tarifverträge sehen Angleichung bis spätestens 2009 vor

aus Freiburg CHRISTIAN RATH

Die Beamten in Ostdeutschland dürfen weiterhin schlechter bezahlt werden als ihre Kollegen im Westen. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht und lehnte damit eine Richtervorlage des Verwaltungsgerichts (VG) Dresden ab. In Dresden war man der Ansicht, dass die Ungleichbehandlung 13 Jahre nach der Einheit verfassungswidrig ist. Geklagt hatte dort ein Polizeibeamter.

In Deutschland gibt es derzeit rund 1,8 Millionen Beamte. Etwa jeder zehnte ist für Bund, Länder oder Gemeinden im ostdeutschen „Beitrittsgebiet“ tätig und bekommt daher in der Regel eine deutlich niedrigere Besoldung als West-Beamte. Allerdings wird die Besoldung der 207.000 Ost-Beamten stufenweise ans West-Niveau angepasst. Betrug sie im Jahr 1991 nur 60 Prozent der West-Besoldung, so sind es derzeit schon 91 Prozent.

Das Verwaltungsgericht Dresden war der Meinung, dass eine Ungleichbehandlung der Ost-Beamten allerdings nur bis Ende 1995 zulässig war. Diese Frist steht in Artikel 143 des Grundgesetzes, wonach bestimmte Abweichungen vom Verfassungsrecht nur zeitlich begrenzt akzeptiert werden müssen. Seitdem gelte aber der Grundsatz, dass für gleiche Leistung und gleiche Verantwortung auch die gleiche Besoldung gewährt werden müsse. Die fortdauernde Ungleichbehandlung sei „willkürlich“.

Diese Einschätzung lehnte das Bundesverfassungsgericht nun ab. Eine regionale Differenzierung der Beamtenbezüge sei generell (also nicht nur vereinigungsbedingt) zulässig – wenn es dafür sachliche Gründe gebe. So habe es etwa bis 1973 ein bundesweites System von Ortszuschlägen gegeben.

Die niedrigere Besoldung für Ost-Beamte sah Karlsruhe durch die nach wie vor unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse gerechtfertigt. Selbst in Brandenburg, dem leistungsstärksten Ost-Land, liege das Brutto-Inlandsprodukt pro Erwerbstätigen noch um 19 Prozent unter dem des Saarlandes, dem schwächsten West-Land, rechneten die Verfassungsrichter vor.

Nur einen schwachen Trost hielt das Verfassungsgericht bereit. Weil die Absenkung im Bundesbesoldungsgesetz als „Übergangsregelung“ bezeichnet wurde, fordere der „Grundsatz der Normenwahrheit“, dass die Ungleichbehandlung nicht beliebig oft verlängert werden kann. Notfalls könnte der Bund aber einfach den Begriff „Übergangsregelung“ aus dem Besoldungsgesetz streichen.

Vermutlich wird das aber nicht nötig sein, denn die Beamtenbesoldung folgt in der Regel den Tarifabschlüssen für Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst. Und dort wurde im Januar beschlossen, dass die Ost-West-Angleichung in den Jahren 2007 bis 2009 abgeschlossen sein soll.

Für Westbeamte und -richter, die Verwaltung und Justiz im Osten aufgebaut haben, wurde die Besoldung schon lange durch Zuschüsse auf West-Niveau aufgestockt. In einer zweiten Entscheidung wies Karlsruhe gestern die Verfassungsbeschwerde eines Richters aus Sachsen-Anhalt ab, der eine Anpassung seiner Bezüge auf West-Niveau forderte, weil er das Referendariat in Niedersachsen absolviert hatte. Die Verfassungsrichter verwiesen aber darauf, dass er unter dem alten Recht bis 1990 in Ostberlin studiert hatte. Eine „Diskriminierung wegen der Heimat“ liege also nicht vor.

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