Zum Geburtstag statt Blumen nur Kritik

Der Internationale Währungsfonds IWF wird 60. Kritiker: zu viel Macht des Nordens, Blankoschecks für Banken, einseitige Rezepte. Geändert hat sich daran bisher kaum etwas. Jetzt wird der IWF überprüft – allerdings von den USA

BERLIN taz ■ Der Internationale Währungsfonds IWF und die Weltbank werden 60. Doch zum Feiern ist nicht mal den Entscheidungsträgern zumute. Ganz dezent mit einer Fachkonferenz begehen IWF und spanische Zentralbank heute in Madrid den runden Geburtstag. Während sich die Konferenz mit der Zukunft des IWF beschäftigt, halten Kritiker die Finanzfeuerwehr in der momentanen Form für überholt. „Zeit, in Rente zu gehen!“, fordert etwa das US-Netzwerk „50 Jahre sind genug“, das zum letzten runden Geburtstag gegründet wurde. Nicht nur der Name besteht weiter – auch die drei Hauptprobleme, die Nichtregierungsorganisationen und Entwicklungsländer mit dem IWF haben, gibt es nach wie vor.

Da ist zunächst die Stimmverteilung. Nach dem Prinzip „Ein Dollar, eine Stimme“ verfügen die USA über 17 Prozent der Stimmen, Deutschland über 6 und etwa Lettland über 0,06 Prozent. Dabei wurden die Machtverhältnisse von 1944 festgeschrieben: Belgien hat mehr Einfluss als Indien, obwohl Indiens Volkswirtschaft mehr als doppelt so groß ist. Die meisten Staaten sind sich einig, dass sich da etwas ändern muss. Das Problem: Weil für alle wichtigen Entscheidungen 85 Prozent der Stimmen nötig sind, reicht ein Veto der USA aus, um jede Reform zu verhindern. Entwicklungsorganisation wie Weed wünschen sich eine doppelte Mehrheit: Dann müssten sowohl die Mehrheit der Gläubigerländer wie auch die der Schuldnerländer zustimmen.

So könnte eine Lösung für das zweite Problem aussehen: Schuldner werden bislang vom IWF bestraft, Gläubiger aber nicht. Verantwortlich für eine Schuldenkrise sind jedoch immer beide. Die großen Kredite des IWF helfen Ländern in der Schuldenfalle zwar, die Forderungen der privaten Banken und Anleihenehmer zu bezahlen. Auf dem IWF-Kredit bleiben sie jedoch sitzen. Die Folge: Gläubiger vertrauen darauf, dass sie im Krisenfall vom IWF gerettet werden. Darum vergeben sie oft Kredite, die ohne IWF viel zu riskant wären. Und werden für das risikolose Geschäft mit hohen Renditen entlohnt. Kritiker wollen daher ein internationales Insolvenzrecht: Eine unabhängige Schiedsinstanz soll bei einer Schuldenkrise Gläubiger und Schuldner gleichermaßen zur Verantwortung ziehen.

Das dritte Problem sind die „Strukturanpassungsprogramme“. Das sind die Bedingungen, die der IWF den in Zahlungsnot geratenen Entwicklungsländern stellt. Mit der Macht einer Überregierung verordnet er eine immer gleiche Medizin: Zinsen rauf, Inflation runter, Ausgaben begrenzen, Staatsunternehmen privatisieren, Kapitalverkehrskontrollen abschaffen! Oft lässt eine solche Wirtschaftspolitik Entwicklungsländer noch tiefer in die Krise schlittern, schadet vor allem den Ärmsten und zerstört Wachstumschancen. Reformer wollen diese Einmischung abschaffen, die allein an Stabilitätskriterien ausgerichtet ist. Stattdessen sollen Entwicklungsländer eigene Strategien erstellen, um Armut zu bekämpfen.

Ein wenig hat sich der IWF bereits reformiert: Länder können bei den Strategien zur Armutsbekämpfung inzwischen mitreden. Auch die Transparenz hat sich verbessert. Und weil Argentinien nach seiner Schuldenkrise nicht daran denkt, alle Schulden zu bedienen, sind Kreditgeber erst mal gewarnt – auch sie kommen nicht immer ungeschoren davon.

Als Lösung taugen die bisherigen Reformen jedoch nicht. Zum 60. Geburtstag findet daher eine Überprüfung des IWF statt, die zu tief greifenden Veränderungen führen könnte. Ob die im Sinne der Entwicklungsorganisationen ausfallen, ist jedoch nicht sicher: Tonangebend ist hier das US-Finanzministerium.

NIKOLAI FICHTNER