Sieger mit langer Leitung

Union feiert Sieg – kann von SPD-Schlappe aber kaum profitieren. FDP gewinnt zumindest in Europa

BERLIN taz ■ Die CDU hat sich Publikum eingeladen, das ihr beim Gewinnen zuschauen sollte. Wie sonst nur bei Bundestagswahlen drängten sich verdiente Parteifunktionäre samt Lebensgefährten im Foyer des Adenauer-Hauses in Berlin. Doch der erhoffte Doppelsieg ließ anfangs auf sich warten. Ein auffällig vorsichtiger Generalsekretär Laurenz Meyer trat daher um kurz vor halb sieben ans Mikrofon.

Das lag an den Prognosen. So klar bei der Europawahl der Vorsprung der Union war, so widersprüchlich war die Situation in Thüringen. Die ARD sah eine absolute Mehrheit für den CDU-Ministerpräsidenten Dieter Althaus, beim ZDF hatte die Opposition noch Chancen. Meyer improvisierte: Althaus habe den „klaren Auftrag“, entweder Thüringen zu führen wie bisher oder „in anderer Konstellation weiterzuregieren“.

Als Spielmacher sieht die CDU sich auch in Europa. Leger wischte der Generalsekretär den Verlust von über 2 Prozent der Stimmen bei der Europawahl beiseite. Die Hälfte aller deutschen EU-Abgeordneten kommt aus dem Unions-Lager, da will sich die Partei keine Gedanken machen, warum sie von den herben Verlusten der SPD nicht profitieren konnte. Auch für die geringe Wahlbeteiligung hat Meyer eine einfache Erklärung: „Es ist ganz eindeutig, dass die Politik der Bundesregierung die Menschen politikverdrossen macht.“

Überhaupt die Bundesregierung. Der ihr gegenüber eingeschlagene Kurs soll auch weiterhin gelten, so Meyer. Die Union werde „alles mittragen, was Deutschland halbwegs voranbringt“, und „ablehnen, was ein Irrweg ist“. Als Stoiber auf den Bildschirmen auftaucht, macht sich niemand in der CDU-Zentrale die Mühe, den Ton aufzudrehen. Dann erscheint Merkel am Podium, lächelt scheu, und der Saal bricht in Jubel aus.

Auch die andere bürgerliche Oppositionspartei konnte einen Sieg melden: Nach 10 Jahren sind die Liberalen wieder im EU-Parlament – obwohl sie dort nicht als Funktionspartei punkten können. Koalitionen gibt es nicht in Straßburg. Der Stimmenzuwachs bestätigt daher den „Unabhängigkeitkeitskurs“ von Parteichef Westerwelle, der die FDP als eigenständige Partei profilieren will und nicht als Anhängsel der Union. Da dies einmal funktioniert hat, dürfte die interne Dauerkritik am Parteivorsitzenden zumindest vorübergehend nachlassen. Gleichzeitig werden sich die Liberalen merken, dass es sich lohnt, eine sympathische Blondine als Spitzenkandidatin aufzustellen – auch wenn die eigentlich nichts zu sagen hat. Zwei Dinge trübten jedoch den Abend für die FDP: In Thüringen zogen sie nicht in den Landtag ein, und – noch schlimmer – bei beiden Wahlen lagen sie hinter ihren Dauerrivalen, den Grünen. PAT, UH