Kleider machen arme Leute

Zentralmarkt in Jinja: Um acht Uhr öffnen sich die Tore. Hunderte Menschen strömen auf die Stände zu. Auch Resty Tibafana kämpft um den vordersten Platz auf einem der größten Märkte Ugandas. Die Ware: abgelegte Kleidung aus westlichen Ländern. Montags ist Kampftag, wenn die mit Tonnen von Altkleidern beladenen Lkws der indischen Zwischenhändler aus Mombasa einrollen.

Den Zustand der in Plastik eingeschweißten Ware sehen die Marktfrauen erst beim Öffnen der Ballen. Wütend schmeißt eine Händlerin Fetzen auf den Boden, die ihrer Lieferung beigemischt waren. Wiederverkäuferinnen wie Resty begutachten die Altkleider genau, denn kaputte Reißverschlüsse und zerrissene Säume akzeptieren ihre Kundinnen nicht.

Zurück im Dorf: Resty Tibafana bügelt die Kleider. Für umgerechnet 15 Euro hat sie gebrauchte Frauen- und Kinderkleidung eingekauft, das Stück zu 60 Cent. Durch den Handel mit Altkleidern hat die 23-Jährige für ein Backsteinhaus sparen können. Das beengte Leben in der Holzhütte mit Ehe- mann und fünf Kindern ist vorbei.

Bis zu dem Abendmarkt sind es ein paar Kilometer, die Tibafana mit dem Rad zurücklegt. Zuerst war ihr Mann dagegen, dass sie sich unabhängig macht und handelt. Seit er allerdings von ihrem Haus profitiert, sind Restys Fahrten zum dörflichen Markt eine Selbstverständlichkeit.

Auf Planen präsentiert Tibafana ihre Ware. Ihre Altkleider sind billiger als neue Kleider, die die Schneiderinnen anfertigen. Auf den Etiketten stehen die Namen britischer und kanadischer Hersteller, und der Vermerk Made in Bangladesh oder Made in India. Der lokale Textilmarkt Afrikas ist durch Händlerinnen wie Resty Tibafana längst zusammengebrochen. Er war nicht mehr konkurrenzfähig.

Resty Tibafana hat 60 Cent verdient und ein aus der Mode gekommenes Kleid hat eine neue Besitzerin gefunden. Bis zu 30 Prozent der Sammelkleidung aus Deutschland wird in Afrika vermarktet. Lokale Schneiderwerkstätten sind in Uganda eine Rarität. Anders als in den muslimischen Ländern Afrikas, wo eine andere Kleiderordnung gilt, bestimmen die Gebrauchttextilien des Westens den Markt.