Videoprojekt spaltet Kölner Ratskoalition

Im Rathaus beraten heute Sicherheitsexperten öffentlich, ob Kölner Straßen mit Videokameras überwacht werden sollen. Die schwarz-grüne Ratsmehrheit ist in dieser Frage zerstritten. Die KVB hat dagegen bereits Fakten geschaffen

KÖLN taz ■ Sorgen Videokameras im öffentlichen Raum für mehr Sicherheit oder nicht? Diese Frage wollen Experten heute Nachmittag im Kölner Rathaus erörtern. Bereits im Vorfeld hatte es über das Thema hinter den Kulissen heftige Auseinandersetzungen innerhalb der schwarz-grünen Koalition gegeben. Die CDU ist massiv dafür, die Grünen eher dagegen, die Bürger auf diese Weise zu bespitzeln. Das öffentliche Hearing sollte den Streit auf eine sachlichere Ebene bringen – nun droht das Gegenteil zu passieren.

Da einige Vertreter der Union offenbar schon gemerkt haben, dass es aus Fachkreisen deutliche Vorbehalte gegen Polizeikameras an Plätzen und Einkaufsstraßen gibt, wurde bereits vorher Stimmung gemacht. Ratsherr Wolfgang Simons, bekannt für strenge Maßstäbe in Sachen Sicherheit und Chef des Polizeibeirats, meint sogar, die Grünen hätten das Forum „erzwungen“. Im übrigen sei das Podium nicht ausgeglichen besetzt.

Mit der Landesdatenschützerin Bettina Sokol und Helmut Pollähne vom Bremer Institut für Kriminalpolitik kann man dem Podium die fachliche Kompetenz jedoch kaum absprechen. „Das Hearing ist fair und ausgewogen besetzt“, sagte auch Grünen-Fraktionsvize Jörg Frank. In der CDU seien aber einige Mitglieder ahnungslos: „Die leben stattdessen nur noch in ihren ideologischen Käfigen und sind nicht mehr in der Lage, die Realität wahrzunehmen. Videoüberwachung scheint nun die neue Monstranz der selbst ernannten Sicherheitsfachleute zu sein.“

CDU-Fraktionsvorsitzender Karl Jürgen Klipper hatte sich trotz der Vorbehalte des grünen Koalitionspartners öffentlich für die Videokameras ausgesprochen. Deren Einsatz müsse zwar aus personellen und finanziellen Gründen genau abgewogen werden – an zentralen Plätzen der Innenstadt seien sie aber durchaus sinnvoll. Die SPD dagegen fürchtet, dass bei einer Videoüberwachung die Kriminalität in die Seitenstraßen abgedrängt wird.

Ziel der Videoüberwachung, wie sie etwa in Düsseldorf eingesetzt wird, ist vor allem, Diebe auf frischer Tat zu ertappen. Die Filmsequenzen können als Beweismittel bei Ermittlungen gebraucht werden. Gegen minderjährige Straftäter, wie sie unter den Taschendieben recht häufig zu finden sind, helfen die zusätzlichen Ermittlungsmöglichkeiten freilich wenig, denn auch in der Vergangenheit hat die Polizei viele Täter ertappt. Diese konnten aber wegen ihres Alters nicht bestraft werden.

Gestritten wird vor allem darum, was mit den aufgezeichneten Daten passiert, wer sie auswerten darf, wie lange sie gespeichert werden. Denn im Verhältnis werden mehr Unbeteiligte auf Filmmaterial festgehalten als tatsächliche Täter. Während über die Kameras an öffentlichen Plätzen noch gestritten wird, haben die Kölner Verkehrs-Betriebe diese Form der Überwachung längst ohne große öffentliche Diskussion eingeführt. Die Mehrzahl der modernen Straßenbahnen in Köln sind mit Kameras ausgerüstet, mit denen die Fahrgäste observiert werden.

Sicher scheint dagegen, dass die Videofrage von allen Parteien im kommenden Kommunalwahlkampf thematisiert wird. Seit Köln wegen schlechter Polizeistatistiken in den Boulevardzeitungen als „Hauptstadt der Taschendiebe“ gegeißelt wurde, wollen sich die Politiker durch möglichst hartes Vorgehen profilieren. Frank Überall