Gewerkschaftskampagne gegen Baumafia

„Ohne Regeln geht es nicht“ – die Kampagne der Gewerkschaft IG BAU deckt Frustrierendes auf: Baustellen ohne Skandale gibt es Ruhrgebiet fast nicht mehr. Vor allem die Subunternehmer sind kaum zu kontrollieren

RUHR taz ■ Mit der Gewerkschaft wollen die Arbeiter auf der Baustelle der neuen Mikrostrukturfabrik Phoenix-West in Dortmund lieber gar nichts zu tun haben. „Ich bin froh, dass ich überhaupt was hab“, kriegen die Kollegen vom mobilen Info-Kommando der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) von den meisten zu hören, wenn sie nach den Arbeitsbedingungen fragen.

Trotzdem haben die Gewerkschafter hinter den Fassaden Gesetzesverstöße herausgefunden: So bezahlt einer der zwei Subunternehmer auf Phoenix-West seit November 2003 keine Sozialabgaben mehr an die Sozialkasse in Wiesbaden – das Recht auf bezahlten Urlaub hängt damit vom Gutdünken des Arbeitgebers ab. Und eine Firma aus Lünen lässt auf der Baustelle Eisenflechter arbeiten, dabei beschäftigt sie offiziell gar keine Eisenflechter.

„Unsere Subunternehmer haben sich uns gegenüber verpflichtet, gesetzestreu zu arbeiten“, informiert die Bauleitung. Für das Generalunternehmen hat sich damit auch die Frage der Verantwortlichkeit erledigt. „Die Aufträge gehen natürlich nur an Unternehmen, die ihre Arbeiter entsprechend billig anbieten“, sagt indes Sven Bönnermann, Sekretär der IG-Bau für den Bezirk Bochum und Dortmund: „So billig, dass Tariflohn erst gar nicht in Frage kommt.“ Den bekommen die Lüner Eisenflechter natürlich auch nicht – „sie trauen sich auch nicht, ihn einzufordern, weil sie dann eben einfach ersetzt werden“, sagt der Gewerkschafter.

Auf den Baustellen im Ruhrgebiet geht die Angst um, haben die IG-BAU-Mitarbeiter festgestellt. Seit Ende letzten Jahres gehen sie im Rahmen der bundesweiten IG-BAU Kampagne „Ohne Regeln geht es nicht“ verstärkt auf die Baustellen ihres Bezirks, befragen die Arbeiter, begutachten die Arbeitsbedingungen. Das Ergebnis: „Arbeitgeber ohne Dreck am Stecken sind die Ausnahme“, sagt Bönnermann.

Fast auf jeder Baustelle wird ohne Vertrag zu Niedriglöhnen gearbeitet, fast überall wurde den Betriebsratswahlen boykottiert. „Wer sich wehrt, fliegt“, hätten die Arbeiter berichtet. „Auf dem Bau herrschen mafiöse Strukturen“, sagt Sven Bönnermann. „Alle beschäftigen Subunternehmer, die dann wieder Subunternehmer beschäftigen, bis die Arbeiter selber gar nicht mehr wissen, wo sie angestellt sind.“ Forderungen stelle bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation niemand. MIRIAM BUNJES