Für alle Zeit der Liebe entsagt

Jörg Seemann inszeniert den „Ring“ auf Kampnagel. Er konzentriert sich auf Motive Wagners, die das Scheitern von Beziehungen thematisieren

Einst verzichtete der Zwerg Alberich auf die Liebe, um aus dem gestohlenen Rheingold einen Ring zu schmieden, der absolute Macht versprach. Drei Generationen lang kämpften Menschen, Götter und Nibelungen um den verfluchten Ring: Dessen Besitzer muss für alle Zeit der Liebe entsagen. Die daran zerbrechenden Liebesbeziehungen sind Thema der Diplominszenierung Ring von Jörg Seemann, die jetzt auf Kampnagel Premiere hat. Seemann greift darin die Motive aus Richard Wagners Ring der Nibelungen auf, die sich mit dem Scheitern der Liebe befassen.

Die schwierige Entscheidung zwischen Macht und Liebe wirkt immer noch aktuell, findet Seemann. „Wenn sich heute jemand zwischen dem Versprechen von Macht, Ehre und Geld und einer Liebesbeziehung entscheiden müsste, wäre er immer versucht, Ersteres zu wählen“, sagt der Regisseur. Doch wer sich so entscheide, werde mit den Konsequenzen oft nicht fertig – ein Konflikt, den der Diplomand folgerichtig in den Mittelpunkt seiner Inszenierung stellt. „Das war für mich der Grund, die Begegnung zwischen dem hieran gescheiterten Gott Wotan und seinem Enkel Siegfried, der dies alles noch vor sich hat, in vier Varianten auf die Bühne zu bringen.“ Der junge Siegfried zerschlägt in dieser Szene den Speer des resignierten Wotan und bricht damit dessen Macht. Doch auch Siegfried wird fallen, denn die Sehnsucht nach Liebe lassen ihn später – wie Wotan – seine Jagd nach dem Ring bereuen.

Seemann hat für seine Wagner-Adaption einen Schauspieler und einen Opernsänger engagiert. Chor und Orchester ersetzt er durch drei Sängerinnen und einen E-Gitarristen. Klassische Kompositionen auf verzerrter E-Gitarre könnten für Wagnerliebhaber allerdings zu einem sehr skurrilen Klangerlebnis werden.

KAF

Premiere: Do, 10.6., 20.30 Uhr, Kampnagel