nebensachen aus johannesburg
: Nelson Mandela geht – doch Tassen, T-Shirts und eine Brücke in Downtown bleiben

Südafrika ohne Madibas öffentliche Auftritte? Unvorstellbar. Nelson Mandelas witzige Anekdoten vor laufenden Kameras … Sein Charme, der jeden Medienauftritt – und sei er noch so unbedeutend – zu einer sonnigen Angelegenheit werden lässt. Aber Madiba – wie der Expräsident Südafrikas nach seinem Klan-Namen ehrenvoll genannt wird – zieht sich zurück. Zu seinem Abschied am vergangenen Dienstag sagte er mit gewohntem Witz: „Ruft mich nicht an – ich rufe euch an.“ Seinen Rückzug hat er oft angekündigt. Dieses Mal ist es ernst: Mandela muss es langsamer angehen lassen. Schon lange wird sein Gesundheitszustand nach jedem öffentlichen Erscheinen begutachtet: „Er ist aber alt geworden. Er kann nicht mehr allein gehen.“

Dennoch überraschte Mandela immer wieder. Mit staksigen Bewegungen sahen die Gäste jüngst Madiba beim „Jive“ in Johannesburgs Edel-Club „Kilimanjaro“. Grund zur Freude: CD-Launch des im vergangenen November in Kapstadt veranstalteten Nelson-Mandela-Aids-Benefizkonzerts. Stars und Sternchen kommen gern, wenn Madiba einlädt. Und auch der Charmeur hat immer Zeit, wenn es eine „Fotosession“ mit einer blonden oder dunklen Schönheit im Arm gibt: Modell Naomi Campell, Oscar-Preisträgerin Charlize Theron.

Doch seine dritte Frau, Graca Machel, ist die echte Stütze an seiner Seite. Eigentlich ist er ja schon lange Pensionär, aber kein 85-Jähriger – im Juli feiert er Geburtstag – hatte einen derartig hektischen Veranstaltungskalender wie der Friedensnobelpreisträger, der Südafrikas Geschicke zur friedlichen Machtübernahme gelenkt hat.

Er spannte sich vor beinahe jede Aidskampagne, sammelte Geld für Kinder und Arme und jettete von einem Empfang zum nächsten. Die Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika zu holen, das war eine weitere Herzensangelegenheit. Wenn Mandela von wohlverdienter Ruhe spricht, meint er keineswegs Schweigen. Er will über seine Präsidentenjahre ein Buch schreiben und mehr Zeit mit sich und seiner Familie verbringen.

Madiba geht und ist dennoch nicht wegzudenken. Sein Abbild hält eine ganze Industrie von Souvenir- und Kitschherstellern am Leben. Die beliebten Salz- und Pfeffersteuer mit den Köpfen Mandelas und De Klerks sind wohl ausgegangen, aber Kühlschrank-Magnete, Tassen und T-Shirts – die Varianten seines Konterfeis sind endlos.

Auch hat er den Designern seiner legendären Hemden saftige Profite beschert. Doch die Nation ist dankbar: Sie „schenkte“ ihm zu seinem 85. Geburtstag die Nelson-Mandela-Brücke in Downtown. Auf der anderen Seite der Stadt trägt der exklusive Sandton Square neuerdings seinen Namen, und seine mannshohe Bronzestatue soll immerhin auch künftig Madibas Geist verkörpern. MARTINA SCHWIKOWSKI