SCHRÖDER FÄHRT NICHT NACH ITALIEN IN URLAUB: DAS IST RICHTIG
: Privat und politisch gegen Berlusconi

Des Kanzlers Abschied von seinem Italienurlaub war Gerhard con crema, Schröder vom Feinsten: Wenn dieser Mann ein Talent hat, dann den Blick für die günstige Gelegenheit und die Chuzpe, sie zu nutzen. In der Sache hat Schröder nun Silvio Berlusconi die Grenzen seines Auftretens aufgezeigt. In der Form war Schröders Absage ein kluger wie gewitzter Kniff. Für beides gilt: da capo!

Fast am wichtigsten aber ist im delikaten Verhältnis zwischen Völkern das richtige Maß. Auch da hat der Niedersachse bisher vermieden, eine seiner vielen schlechten Seiten an den Tag zu legen – seine Replik kam weder polternd daher noch autoritär oder überzogen. Wenn im Urlaub nur Ärger droht, dann lässt man’s wohl lieber bleiben – das war keine Botschaft mit der teutonischen Faust, sondern mit einem lakonischen Achselzucken.

Natürlich weiß Schröder selbst, dass seine Aktion nicht nur privat ist. Doch sie ist eben auch nicht nur politisch. Das macht ihre Balance aus, man könnte auch sagen, den Feinsinn, der deutscher Diplomatie sonst so oft abgeht. Schröder zielt auf die richtige Etage: Weder geht es um Staatssekretär Stefani, der letztlich irrelevant ist, noch geht es um einen Affront gegen die Italiener und ihr Land, das die meisten Deutschen zu Recht lieben. Das Problem Italiens heißt Silvio Berlusconi, und es ist ein Problem ganz Europas, wie zunehmend mehr Europäer erkennen. Die Italiener wissen schon lange: Die Ausfälle ihrer Regierung haben System, und sie sind Ausdruck einer politischen Haltung, angefangen von der Forderung Umberto Bossis, mit Kanonen auf Flüchtlingsboote zu schießen. Schröders Geste kann Berlusconi zwar nicht stürzen, aber sie verhilft der Kritik an dessen antieuropäisch gesinnter Politik zu europäischer Öffentlichkeit.

Bisher hat der Kanzler damit eine Tugend an den Tag gelegt, an der es ihm sonst oft gebricht: Konsequenz. Jetzt kommt es darauf an, dass Schröder den EU-Ratspräsidenten Berlusconi auch politisch nicht nach Belieben schalten lässt. Denn dann, aber nur dann würde aus dem Urlaubs-Pingpong doch bloß ein eitles Schauspiel für den Boulevard. PATRIK SCHWARZ