vorlauf
: Plaudern mit dem Einhorn

„Sommergäste“ (21.00 Uhr, WDR)

Christine Westermann ist ein Fernseh-Einhorn, denn sie ist Moderatorin („Zimmer frei“) und trotzdem nicht mehr um die 30. Nun hat sie ihre eigene Talkshow namens „Sommergäste“, und was ist gleich in der ersten Sendung Thema? Das Alter.

Das ist nicht so geplant gewesen, nicht bis ins Detail zumindest, sondern halbwegs Zufall, denn der WDR hat sich für „Sommergäste“ ein Konzept ausgedacht, das sich ein wenig von den 1001 anderen Talkshows absetzen soll. Die drei Gäste spielen am Anfang der Sendung „Memory“. Auf Spielkarten stehen die Themen, und erst wenn zwei gleiche aufgedeckt sind, steht das Thema fest. Es hätte auch „Glück“ oder „Sünde“ sein können, aber die Gäste haben eben „Alter“ erwischt. Das passt irgendwie zu Christine Westermann, und es passt auch zur Rentenrepublik.

Die Schauspielerin Katharina Thalbach, 49, redet von der Falte zwischen ihren Brauen, die man mit Rattengift auch wegspritzen könnte, die aber irgendwie zu ihr gehört. Der Exboxer Axel Schulz hat ein doofes Thema erwischt, er ist doch erst 34, gibt dann aber bekannt, dass er seine Freundin, Mitte 20, besser findet als junge Frauen. Und der 40-jährige Jens Riewa, „Mister Tagesschau“, möchte Vater werden, ehe er zu alt wird. Es geht zudem um Potenzängste und Silikonbrüste.

Wir lernen: Man kann die Karte „Alter“ ziehen und viel über „Sünde“ reden. Man lernt: Altsein ist in der alternden Republik nicht gleich Altsein. Dass man lernt, liegt an Westermann. Der gelingt es, geschwind eine Plauschatmosphäre zu schaffen, in der selbst der anfangs scheue Riewa („Meine Chefs bei der Tagesschau sagen immer, man muss nicht über alles im Fernsehen reden“) über einiges redet im Fernsehen.

Wer gern mit Freunden im Café tratscht, wird an „Sommergäste“ seine helle Freude haben. Auch diejenigen, die „Big Brother“ allein aus wissenschaftlichen Gründen anschauten, werden betört sein. Alle anderen sehnen sich Götz Alsmann herbei und ein paar ironische Wendungen mehr. Aber solchen Witz hat nur die A-Klasse des Talk. Man darf vom Plauder-TV nicht zu viel erwarten.

MAREKE ADEN