Kitas, zur Freiheit

Über die Hälfte der kommunalen Kitas ist bereits in freier Trägerschaft. Bis 2006 sollen es laut Koalitionsvertrag zwei Drittel sein. Ver.di will Wechsel verhindern und warnt vor Privatisierung

von SUSANNE LANG

Wenn Unsicherheit immer so zielstrebig klingen würde wie die Stimme von Gerda Wunschel, dann hätte die Gewerkschaft Ver.di ein Problem. „Wir waren alle sofort für den Wechsel zu einem freien Träger,“ erklärt die Leiterin der bisher kommunalen Kita Dresdener Straße. Zu Jahresbeginn wird die Einrichtung an einen freien Träger übergehen. Die Vorbereitungen laufen.

Nach Angst vor einer Privatisierung, wie sie zumindest die Gewerkschaft Ver.di zurzeit an öffentlichen Kitas verstärkt feststellt, sieht dies nicht aus. „Kitas sind Bildungseinrichtungen und keine Ware“, betont Werner Roepke, Ver.di-Fachbereichsleiter für Gemeinden. Er fordert daher, dass „Kitas kommunal bleiben müssen“.

Gerade dies möchte der Senat jedoch ändern. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und PDS darauf geeinigt, bis zum Ende der Legislaturperiode 2006 zwei Drittel der kommunalen Kitas an freie Träger zu übergeben. Dadurch will der Senat insgesamt etwa 60 Millionen Euro im Doppelhaushalt sparen. Bisher hat bereits gut die Hälfte der rund 850 Einrichtungen den Träger gewechselt.

Während in der Kita Dresdener Straße große Hoffnungen auf einem Wechsel als Chance für eine bessere Bildungs- und Erziehungsarbeit ruhen, befürchtet die Gewerkschaft Ver.di, dass die Privatisierung nicht mehr Bildung in den Vordergrund stelle, sondern Wirtschaftlichkeit. Dadurch könnten sich vor allem die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen verschlechtern, glaubt Roepke. „Viele freie Träger haben keine Mitarbeitervertretung und umgehen zum Teil die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes.“ Um die Übertragungen zu verhindern, hat Ver.di nun alle Erzieherinnen aufgerufen, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen. Nach Paragraf 613 a BGB haben sie das Recht, einem Trägerwechsel nicht zuzustimmen. Mit der jüngsten Einigung im Tarifkonflikt stehen die Chancen dafür auch gar nicht schlecht. Sie gewährt für den öffentlichen Dienst eine Beschäftigungsgarantie bis 2009, sodass das Interesse der Erzieherinnen an einem Wechsel in die Privatwirtschaft nun geringer sein könnte.

An vielen Kitas wie auch in der Dresdener Straße überwiegt vielmehr das Interesse an einem gut ausgestatteten Arbeitsplatz und mehr Eigenverantwortung. „Wir wollen unsere Kita zum Bildungs- und Elternzentrum machen“, betont Wunschel. Die Gefahr, dass der Träger nach dem Wechsel intransparent arbeiten oder fristlos Stellen kündigen könnte, wie Ver.di befürchtet, sieht Wunschel nicht. „Unser Träger hat ein festes Konzept, das garantiert uns Planungssicherheit.“

Um diese Planungssicherheit für alle Kitas zu gewährleisten, arbeiten viele Bezirke, bisher noch Träger der kommunalen Kitas, an Empfehlungslisten für freie Träger. „Wir sehen uns in der Pflicht, Träger zu finden, die ein sicheres Finanzkonzept und gute pädagogische Arbeit vorweisen können“, betont die Jugendstadträtin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD). Dort haben aktuell 15 Kitas Interesse an einem Wechsel.

Aus Sicht der Bezirke ist die Übertragung auch der einzig mögliche Weg, um die Kitaplätze in Berlin zu sichern. Ver.di hingegen schlägt vor, die Kitas in kommunaler Trägerschaft weiterzuführen, jedoch nach dem Modell der freien Kitas zu finanzieren. „Das Geld muss zweckgebunden an Kitas fließen“, so Roepke. Bislang seien Gelder versandet. Klaus Straub, Fachbereichsleiter für Kitas in Friedrichshain-Kreuzberg, weist diesen Vorwurf als „verwegen“ zurück. Problem sei, dass die Zuweisungen des Senats seit Jahren zu niedrig seien. „Solange Kitas dem Etat der Bezirke unterworfen sind, wird sich das nicht ändern.“ „Freie Träger“ lautet deshalb eine Hoffnung.