Drei Töchter verliert ein Arzt im Gazastreifen

JERUSALEM taz ■ Mit einem Mal bekommen in der israelischen Öffentlichkeit drei Opfer des Krieges im Gazastreifen Namen und Gesichter. Die 20-jährige Bisan und ihre 14- und 15-jährigen Schwestern Mayar und Aya sind am Wochenende von israelischen Soldaten getötet worden. Ihr Vater, Dr. Assedin Aboul-Aish, arbeitet seit zwei Jahren im Tel Aviver Krankenhaus Tel Hashomer. Während des Krieges gab er mit Hilfe seines Freundes Schlomi Eldar, Reporter beim israelischen „Channel 2“, wiederholt Telefoninterviews für den Fernsehsender, um über die medizinische Lage im Gazastreifen zu berichten.

Für den Abend, an dem seine Töchter starben, war ein weiteres Interview geplant. Kurz nach dem Angriff rief er nach dem ersten unfassbaren Schmerz bei Eldar an, der live aus dem Studio berichtete. Eldar hielt sein Handy minutenlang an das Mikrofon, bevor er, von seinen Gefühlen übermannt, das Fernsehstudio verließ.

Mit Hilfe des Krankenhausdirektors Professor Seew Rothstein gelang es Aboul-Aish, zwei weitere verletzte Kinder und einen Bruder in die Klinik nach Tel Aviv zu bringen, wo er am Abend eine Pressekonferenz einberief. „Ich bete, dass es ein Fehler war und dass es der letzte Fehler war“, sagte er. Ein „Bote des Friedens“ wollte er sein. So habe er auch seine Kinder erzogen. Deren Mutter war schon vor mehreren Monaten einer Krankheit erlegen.

Die Pressekonferenz wurde allerdings plötzlich unterbrochen, als eine Frau den Arzt unsanft aufforderte, nicht mehr weiterzureden. „Mein Sohn ist bei den Fallschirmspringern“, ruft sie. „Wer weiß, was in dem Haus versteckt war.“ Als Krankenhauspersonal eingriff und Journalisten sie über den trauernden Arzt aufklärten, entschuldigte sie sich. Der Tod der drei Töchter von Dr. Aboul-Aish hat den Israelis die Tragödie der Menschen im Gazastreifen nähergebracht. „Dies ist einer der schmerzlichsten Momente des Krieges für uns“, sagte Krankenhauschef Rothstein.

SUSANNE KNAUL