sex mit hot tois von FRANK M. ZIEGLER
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„Man kriegt ja nie, was man will“, eröffnet Sandra jammernd das wöchentliche Treffen der Selbstmitleid-Gruppe. Ihr Mann Udo schließt sich sofort an: „Keine Kinder zum Beispiel“, seufzt er, „die wollt ich immer. Und was hab ich gekriegt? Drei Stück. Alles Rotzblagen.“ Sandra haut ihn mit der Vereinszeitung. Bei ihrem Nachwuchs ist sie empfindlich. Es muss ein gefahrloseres Beispiel her: „Automaten“, rufe ich deshalb, „aus Automaten kriegt man nie das raus, was man will.“ Clemens schwenkt seine Gauloises-Packung: „Die wollt ich, die hab ich. Schlechtes Beispiel.“ Udo mag das nicht so einfach stehen lassen: „Aber wolltest du auch die Warnaufschrift?“ Udo seufzt unglücklich: „Ich wollte immer ‚Rauchen gefährdet die Gesundheit Ihres Kindes schon in der Schwangerschaft‘. Und was hab ich gekriegt? ‚Rauchen lässt Ihre Haut altern‘. Kein Wunder, dass wir jetzt drei Rotzblagen haben.“

Sandra haut Udo diesmal mit der Getränkekarte. Ich versuche es noch mal: „Meine These bezieht sich auf Automaten ohne Wahltasten“, beharre ich. „Die Kackdinger im Kneipenklo zum Beispiel.“ Clemens weiß sofort, von was ich rede: „ ‚Hot Tois’. Stimmt, die sind echt das Letzte.“ Früher gab es ja mal ganz normale Kondomkästen: Oben Geld rein, unten Lümmeltüte raus, ficken, fertig. Aber seit gut zwei Jahren gibt es „Hot Tois“.

Mal davon abgesehen, dass man gerne wüsste, wen man für diese hanebüchene Wortschöpfung verprügeln darf. Man muss auch sehr viel unnützes Geld haben, wenn man nichts Besseres damit anzufangen weiß, als es in einen „Hot Tois“-Automaten zu werfen. Ein Beispiel: Angenommen, Udo möchte kein weiteres Rotzblag mit seiner Sandra zeugen und schlendert deshalb ins Kneipenklo seines Vertrauens, um dort mal eben ein nettes Kondom zu ziehen. Pustekuchen! So einfach ist das nicht bei „Hot Tois“. Dort ist die Auswahl viel größer: „Lustige Schlüsselanhänger“ gibt es da zum Beispiel. In Form einer Gummibrust. Oder „geruchsneutrale Gleitcreme“. Oder „vier tolle erotische Selbstklebe-Tattoos“. Jetzt frag ich Sie: Was soll Udo denn bitte schön damit anfangen? Udo will bürsteln! Geschützt!

Im schicken „Hot Tois“-Wunderkasten liegen zwar auch Präser bereit. Mit Noppen in Kulleraugenform vorzugsweise. Oder in den leckeren Geschmacksrichtungen Zitrone, Melone und Kümmel. Aber da kommt Udo nicht ran. Zumindest nicht absichtlich. Der Einwurf kostet zwei Euro, und was dann unten rauskommt, weiß der Geier. Die Chancen stehen leider gut, dass Udo nachher nur Gleitcreme im Wert von zwei Euro mit nach Haus bringt. Oder „erotische Selbstklebe-Tattoos“. Seiner Sandra wär das ja wahrscheinlich wurscht, die hat ja nichts gegen reichen Kindersegen. Aber Udo?

Clemens bringt es auf den Punkt: „Ich sag euch was: Die Automaten hat der Papst erfunden!“ Tatsächlich geben die „Hot Tois“-Kästen dem Begriff Sexfalle eine ganz neue Bedeutung: Die Frau meines Begehrens wird mich unverrichteter Dinge ihres Bettes verweisen, und die Enttäuschung wabert kniehoch auf beiden Seiten. Das, liebe Mitglieder der Selbstmitleidgruppe, nenne ich ein gelungenes Beispiel für die These: „Man kriegt ja nie, was man will.“ Guten Abend.