Planlos gegen rechts

Eine Studie des „Zentrums Demokratische Kultur“ analysiert Rechtsextremismus in Pankow und empfiehlt Maßnahmen. Doch das Bezirksamt legt „überarbeitungsbedürftigen“ Aktionsplan auf Eis

von HEIKE KLEFFNER

Auf 92 Seiten analysiert der „Lokale Aktionsplan Pankow – Für Demokratie und Toleranz“ rechte Treffpunkte, Angriffe und so genannte Gefährdungspunkte für alle, die nicht ins rechtsextreme Weltbild passen. Außerdem schlägt er mögliche Gegenmaßnahmen des Bezirks Pankow und der örtlichen Zivilgesellschaft vor. Doch die Studie, die vom Zentrum Demokratische Kultur (ZDK) und dem Mobilen Beratungsteam gegen Rechts (MBR) im Auftrag der Landeskommission Berlin gegen Gewalt erstellt wurde, liegt sei Ende Mai auf Eis.

Der Entwurf des Aktionsplans sei „überarbeitungsbedürftig“, sagt Bezirksbürgermeister Burkhard Kleinert (SPD). Dem Aktionsplan mangele es an „einer nötigen Ausgewogenheit“ und „differenzierten Würdigung des Phänomens Rechtsextremismus“. Öffentlich gelobt wird der Aktionsplan im Bezirk bislang lediglich von unabhängigen Initiativen und lokalen Antifagruppen.

In über einhundert Interviews mit Pädagogen, Bezirksamtsmitarbeitern, Betroffenen und der Polizei kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass in Pankow mindestens zehn Orte existieren, die von Migranten und alternativen Jugendlichen als „Gefährdungspunkte“ beschrieben werden. Während der Bezirksbürgermeister bestätigt, dass rassistische Ressentiments durchaus verbreitet seien, spricht er gleichzeitig von einer „gefühlten Angst – wenn man genau nachfragt, dann ist das oft nicht mehr wirklich nachweisbar“.

Laut Verfassungsschutzbericht wurden in Pankow im vergangenen Jahr 129 „politisch rechts motivierte Straftaten“, darunter fünf Gewaltdelikte, registriert. Damit liegt Pankow bei der Summe der Delikte berlinweit an zweiter und bei Gewalttaten an vierter Stelle. Im Verfassungsschutzbericht heißt es dazu: Da die regionale Verteilung der Straftaten mit der Verteilung der Wohnorte des aktionsorientierten Rechtsextremismus korrespondiere, „liegt die Vermutung nahe, dass die Mehrzahl dieser Taten im Wohnumfeld der Täter begangenen wurde“. Bürgermeister Kleinert sagt, nicht alle rechten Täter kämen aus dem Bezirk, und spricht von „durchreisenden Angreifern“.

Angriffe auf so genannte politische Gegner registrierte das ZDK auch in Niederschönhausen, Rosenthal und Französisch Buchholz. Hier wurden im Frühjahr Jugendliche durch Sprühereien in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld als vermeintliche Antifaschisten „geoutet“.

Während das ZDK die Stärkung einer nichtrechten Gegenkultur empfiehlt, regelmäßige Fortbildungen für Mitarbeiter von Jugendclubs sowie Vernetzungstreffen vorschlägt und mit der Vorstellung von Best-Practice-Beispielen an Pankower Schulen anderen Mut machen will, hält Bürgermeister Kleinert dagegen. Die Handlungsvorschläge seien „zu allgemein“. Beim ZDK übt man sich angesichts der Kritik erst mal in Gelassenheit – und verweist darauf, dass ein ähnlicher Aktionsplan in Lichtenberg auf große Zustimmung aller lokalen Akteure gestoßen sei.