Einladendes Chaos

Auf den Salomonen-Inseln soll eine von Australien geführte multinationale Truppe für Ordnung sorgen

MELBOURNE taz ■ Australien bereitet eine Militär- und Polizeiintervention auf den Salomonen-Inseln vor. Geplant ist die Entsendung von 2.000 Soldaten und Polizisten aus einer Koalition von Pazifikstaaten unter australischer Führung. Die 16 Außenminister des Südpazifik-Forums beschlossen am Montag in Sydney einstimmig einen entsprechenden Plan der australischen Regierung. Neuseeland und Papua-Neuguinea sagten ihre Teilnahme bereits zu, von sechs weiteren Staaten wird dies erwartet.

Die Salomonen sind wegen des Terrors bewaffneter Banden, grassierender Korruption und drohendem Bankrott kurz davor, als Staat zu zerbrechen und unregierbar zu werden. Seit auf der Hauptinsel Guadalcanal im Januar 2000 ethnische Unruhen ausbrachen und zum Sturz der Regierung in Honiara führten, befehden sich Rebellengruppen und terrorisieren die 430.000 Einwohner des Inselstaats. Bisher gab es mehrere hundert Tote. Trotz eines im Oktober 2000 im australischen Townsville ausgehandelten Friedensabkommens mit den Rebellen befinden sich noch zahlreiche schwere Waffen in den Händen von Banden.

In letzter Zeit verstärkten Rebellen des Warlords Harold Keke den Terror. Entführungen nahmen zu. Ein australischer Missionar wurde geköpft. Die Residenz des Premiers wurde beschossen. Die Regierung ist pleite und zahlt seit vier Monaten keine Gehälter mehr. Zuletzt beendeten die Staatsangestellten des Gesundheitsdienstes ihre Arbeit.

Ziel der Intervention ist die Wiederherstellung von Recht und Ordnung und der Wiederaufbau der Wirtschaft und Regierungsinstitutionen. Diese größte Militärexpedition im Südpazifik seit dem Zweiten Weltkrieg soll Ende Juli beginnen, vorausgesetzt, das Parlament in Honiara beschließt bis dahin die Einladung der nachbarlichen Interventionstruppen. Die Sitzungen des Parlaments sind allerdings aus Sicherheitsgründen und wegen anhaltender Machtkämpfe äußerst selten. Australiens Regierung wurde jedoch zugesichert, dass Honiaras Politiker am 8. Juli zusammentreten und die Intervention legitimieren würden.

Australien sorgt sich, dass internationale Terroristen das Chaos auf den Salomonen ausnutzen und sich auf einer der 900 Inseln unbemerkt festsetzen könnten. Dies könnte den gesamten Südpazifik destabilisieren. Eine Intervention sei deshalb im Interesse Australiens, meint Premierminister John Howard. In Umfragen stimmen ihm 79 Prozent der Australier zu. Die Kosten der Aktion werden mit 115 Millionen Euro im ersten Jahr veranschlagt. Sie könnte drei Jahre dauern. BORIS B. BEHRSING