DAS GIBT ZU DENKEN

Geheimhaltung war lange Jahre Teil des Erfolgsrezepts von Apple: Über den iPod durfte vor seiner Einführung niemand Bescheid wissen, ebenso wenig über das iPhone. Erst wenn Steve Jobs entschied, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war, durfte die Welt vom neuesten Clou der Techniktüftler wissen und darüber jubeln. Doch bei dem wichtigsten Produkt des Unternehmens hat diese Strategie nun nicht mehr funktioniert: bei Jobs selbst. Der Apple-Chef musste jetzt zugeben, dass seine gesundheitlichen Probleme doch „komplexer als ursprünglich gedacht“ seien. Nach Monaten der Spekulationen über seinen rasanten Gewichtsverlust gab der 53-Jährige in einer E-Mail an seine Mitarbeiter bekannt, dass er sich von der Konzernspitze zurückziehen werde, zumindest für die nächsten sechs Monate. Statt der üblichen Hysterie und campenden Menschen vor Computergeschäften folgte auf diese Enthüllung des Elektronikkonzerns eine Panikreaktion an der Börse. Die Aktien stürzten von 85,33 Dollar auf 77 Dollar. Denn wie kein anderer ist Jobs’ Person mit dem Unternehmen verknüpft. Er gilt als Held der Halbleiter und Genie der Verkaufskultur, hat aus den beinahe bankrotten PC-Schraubern einen Kultkonzern gemacht. Analysten bezeichnen Jobs deshalb als einen Vermögenswert. Sie schätzen, dass die Papiere um weitere 25 Prozent fallen werden, wenn der CEO im Juli doch nicht in die Apfelbude zurückkehrt. Und davor haben auch die Anleger Angst. Nachdem sie über den wahren Zustand von Jobs so lange im Unklaren gelassen wurden, ist das Vertrauen nun erst mal hin. Hätte Apple doch nur einmal auf die Heimlichtuerei verzichtet und es wie Microsoft gemacht: Dort wurde Bill Gates’ Ausstieg jahrelang vorbereitet, und am Ende hat es niemand mitbekommen, dass er eines Tages nicht mehr auf dem Dirigenten-Diwan saß. Auch nicht die Börse.   AK