Airbus-Realisierer düngen die Elbe

Realisierungsgesellschaft A380rea leitet illegal Baustellenabwasser in den Strom, und die Umweltbehörde schaut zu, pardon, spricht über Lösungen, um Kosten zu sparen. GAL-Experte Maaß: „Schwere Umweltkriminalität unter den Augen des Senats“

von GERNOT KNÖDLER

Die Realisierungsgesellschaft für die Airbus-Erweiterung in Finkenwerder A380rea hat im vergangenen Sommer über Monate stark belastetes Abwasser in die Elbe geleitet. Wie aus der Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage des GAL-Umweltexperten Christian Maaß hervorgeht, hat sie dabei die geltenden Grenzwerte um das bis zu 14-fache überschritten. Der Umweltbehörde war das bekannt. Maaß bezeichnete die Einleitungen als einen „Fall von schwerer Umweltkriminalität unter den Augen des Senats“.

Das Wasser fiel bei den Bauarbeiten am Rüschkanal an, wo die städtische Realisierungsgesellschaft Land für eine Verlängerung der Airbus-Werkspiste schafft. Nach Auskunft Hartmut Wegeners, des Chefs von A380rea, handelte es sich um Grundwasser und nachdrängendes Elbwasser. „Das passiert auf 1000 Baustellen in Hamburg“, sagte Wegener.

Zwischen dem 1. Juli und dem 16. Oktober 2002 hat seine Gesellschaft knapp 143.000 Kubikmeter „Baustellenwasser“ in die Elbe geleitet. Im Durchschnitt enthielt dieses Abwasser 20 Milligramm Ammoniumstickstoff pro Liter. Der Planfeststellungsbeschluss für die Airbus-Werkserweiterung schreibt jedoch einen Grenzwert von zwei Milligramm je Liter vor. Der Ammonium-Gehalt ist problematisch, weil der Stoff unter Verzehr von Sauerstoff zu Nitrit und Nitrat abgebaut wird. Er vergrößert damit das im Sommer regelmäßig auftretende Sauerstoffloch in der Elbe. Das kann den Fischen gefährlich werden.

Wegener versuchte die Schadstoff-Einleitungen zu relativieren: Das Grundwasser in der gesamten Elbmarsch sei in diesem Maß mit Ammonium belastet. Nur deshalb sei es zu einer Überschreitung der Grenzwerte gekommen. A380rea habe den Schadstoff keineswegs illegal, sondern in ständiger fachlicher Begleitung der Umweltbehörde eingeleitet. „Wir haben mit dem, was wir eingebracht haben, die Tagesfracht der Elbe um maximal 0,75 Prozent erhöht“, sagte Wegener: „Wer daraus einen Skandal macht, ist schlicht böswillig.“ Im übrigen habe es im Sommer 2002 kein Fischsterben gegeben und man habe sich zusammen mit der Umweltbehörde bemüht, den Schaden gering zu halten oder auszugleichen.

Behördensprecher Volker Dumann bestätigte, „wir sind über diese Sache seit Februar 2002 im Gespräch gewesen“. Immer wieder seien Verbesserungen vorgenommen worden: Absetzbehälter für Nährstoffe, eine Verringerung der Abwassermenge, Kaskaden zur Versorgung des Wassers mit Sauerstoff und ab dem 1. Oktober eine direkte Eins-zu-Eins- Zufuhr von reinem Sauerstoff. Da waren der Sommer und mit ihm die Gefahr des Sauerstofflochs allerdings vorbei.

Andere Lösungen scheiterten am finanziellen und zeitlichen Aufwand. Das vorgesehene Siel sei nicht groß genug gewesen, heißt es in der Antwort auf Maaß‘ Anfrage. Der Schuten-Anleger sei ausgelastet gewesen, und der Bau einer Abwasserleitung zu einem anderen Anleger hätte zu lange gedauert. Dumann: „Es ging um eine knallharte Abwägung: Schließt man die Baustelle oder lässt man etwas zu, was den Fluss minimal beeinträchtigt?“

Maaß dagegen findet, die Realisierungsgesellschaft habe ein absehbares Entsorgungsproblem schlicht ignoriert. „Wenn jeder kommt und die Ammoniumfracht um 0,75 Prozent erhöht, dann haben wir bald 200 Prozent“, kommentierte Paul Schmid vom BUND.

Maaß verlangte, dieser „unglaubliche Vorgang“ müsse „strafrechtliche, personalrechtliche und politische Konsequenzen haben“ – nicht nur bei A380rea sondern auch bei der Behörde. Der Bürgerschaftsabgeordnete hat Umweltsenator Peter Rehaag (Schill-Partei) per Fax aufgefordert, zu den Vorgängen Stellung zu nehmen.