Legosteine dürften patentiert werden

Siebenjähriger Kampf eines Farmers zu Ende. Kanadisches Gericht: Höhere Lebewesen und damit auch Pflanzen sind vom Patentschutz ausgenommen. Monsantopatente jedoch beziehen sich auf die eingeschleusten Gene, die patentierbar seien

VON WOLFGANG LÖHR

Der US-Biotech-Konzern Monsanto darf in Kanada sein Patent für herbizidresistenten Raps behalten. Diese Entscheidung gab am Freitag das oberste kanadische Verfassungsgericht, der Supreme Court of Canada, bekannt. Der Gerichtshof beendete damit eine siebenjährige Auseinandersetzung, die weltweit als Symbol für den Kampf gegen zunehmende Vermarktungsmonopole im Saatgutbereich galt.

Percy Schmeiser (74), Farmer aus dem 600-Seelendorf Bruno in der kanadischen Provinz Saskatchewan, hatte den Weltmarktführer bei Gentech-Saatgut herausgefordert. Nachdem der Farmer in mehreren unteren Instanzen verurteilt worden war, eine Strafe und Lizenzgebühren für angeblich von ihm genutztes patentiertes Saatgut des Biotechkonzerns Monsanto zu bezahlen, hatte er den Supreme Court angerufen und mit Verweis auf das kanadische Patentgesetz das Rapspatent grundsätzlich infrage gestellt. Tiere und Pflanzen dürften laut Patentgesetz nicht patentiert werden, hieß es in der Klageschrift. Schmeiser rechneten sich gute Chancen aus: Kurz zuvor hatte das Gericht das Patent für die Krebsmaus der Harvard Universität für nicht rechtens erklärt. Tiere sind damit in Kanada nicht patentierbar.

Zwar entschied das Gericht auch im Fall Schmeiser gegen Monsanto, dass höhere Lebewesen und damit auch Pflanzen vom Patentschutz ausgenommen seien. Das Monsantopatent jedoch beziehe sich auf die eingeschleusten Gene, heißt es, nur diese seien patentiert. Da sie jedoch in allen Pflanzenteilen vorhanden seien, würde damit auch die gesamte Pflanze unter den Verwertungsschutz fallen. Das Gericht verglich den Fall mit einem Haus, das aus Legosteinen gebaut wurde. Die Legosteine dürften patentiert werden, das Gebäude nicht. Da das Haus aber aus geschützten Bauteilen bestehe, dürfte der Patentinhaber allein über das Haus verfügen. Bemerkenswert ist, dass die Entscheidung des Gerichts nur mit sehr knapper Mehrheit zustande kam: Fünf der neun Richter stehen hinter dem Urteil.

Während Monsanto, dessen Gentech-Raps schon auf 40 Prozent der kanadischen Rapsfelder steht, das Urteil als gute Nachricht für die Biotechindustrie begrüßte, reagierte Percy Schmeiser in einer ersten Stellungnahme mit „gemischten Gefühlen“. Denn in einem Punkt hat das Gericht zu seinen Gunsten entschieden. Er muss die von den unteren Gerichten verhängte Strafe und auch die Lizenzgebühren in Höhe von rund 90.000 Euro nicht bezahlen. Und auch die fast eine halbe Million Euro, die die verschiedenen Verfahren bisher gekostet haben, muss er nicht allein begleichen.

„Ein persönlicher Sieg“, sagte Schmeiser, der nur durch einen Zufall zur weltweiten Symbolfigur geworden ist. Er blieb im Gegensatz zu zahlreichen seiner Berufskollegen hartnäckig, als Monsanto 1987 von ihm Lizenzgebühren einforderte. Der Biotechkonzern hatte eigens ein Detektivbüro beauftragt, das Farmer ausfindig machen sollte, die ohne Lizenz Monsantos Gentech-Pflanzen auf ihren Äckern stehen haben. Bei Schmeiser und angeblich 90 weiteren Farmern wurden die Detektive fündig. Schmeiser jedoch weigerte sich zu zahlen: Er habe nie Gentech-Saatgut eingesetzt. Was auf seinen Feldern gefunden wurde, könne nur durch Verunreinigungen, durch Pollenflug auf sein Feld gelangt sein. Sein Kampf sei jetzt zwar zu Ende, so Schmeiser, aber er wird sich weiterhin für die Rechte der Farmer einsetzen.