Cohn-Bendit immun

Strafanzeige eines FDP-Politikers wegen Unterstützung des Terroristen Hans-Joachim Klein bleibt folgenlos

BERLIN taz/afp ■ Das Europaparlament hat gestern einen Antrag der deutschen Justiz auf Aufhebung der Immunität des Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit abgewiesen. Bei einer Abstimmung in der Straßburger Versammlung stimmte eine große Mehrheit der Abgeordneten gegen einen solchen Schritt. Damit hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft keine Möglichkeit, gegen den Grünen wegen dessen Kontakten zu dem ehemaligen Mitglied der „Revolutionären Zellen“, Hans-Joachim Klein, zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft hatte den Antrag im Februar 2000 gestellt. Anlass war eine Strafanzeige gegen Cohn-Bendit wegen Strafvereitelung von 1998. Hintergrund ist, dass Cohn-Bendit – zusammen mit anderen französischen und deutschen Intellektuellen – dem Aussteiger Klein in den 70er-Jahren einen Unterschlupf in Frankreich vermittelte und ihn finanziell unterstützte.

In Zeitungsinterviews begründete Cohn-Bendit dies mit dem Wunsch, Klein beim Ausstieg aus der terroristischen Szene zu helfen. Das Europaparlament wies in seinem nun veröffentlichten Bericht darauf hin, dass die Cohn-Bendit zur Last gelegte Unterstützung Kleins schon seit den 70er-Jahren allgemein bekannt war. Sowohl die Presse als auch Klein selbst in einer Autobiografie hätten darüber berichtet. Dennoch habe die deutsche Justiz erst gehandelt, nachdem eine Strafanzeige eingegangen sei. Eine Aufhebung der Immunität komme zudem nicht in Frage, wenn die einem Abgeordneten vorgeworfenen Taten mit seiner politischen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, erklärte die Straßburger Versammlung. Auch komme ein solcher Schritt nicht in Betracht, wenn dem strafrechtlichen Vorgehen möglicherweise das Bestreben zugrunde liege, der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zu schaden. Vor diesem Hintergrund und nicht zuletzt wegen der „zeitlichen Nähe zu den Europawahlen 2004“ lehnte das Parlament den Antrag ab. Für die Europawahl 2004 bemüht Cohn-Bendit sich derzeit um einen deutschen Listenplatz.

„Der Antrag der Staatsanwaltschaft war von Anfang an lächerlich“, kommentierte Cohn-Bendit gestern erfreut. Schon nach Einleitung des Ermittlungsverfahren im September 1998 hatte er das Vorgehen der Oberstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main gegen seine Person begrüßt. „Sie wird feststellen, dass ich zusammen mit anderen Hans-Joachim Klein geholfen habe, sich vom Terrorismus loszueisen“, ließ Cohn-Bendit damals verlauten. Klein hatte 1975 an dem Überfall der Terroristengruppe um den Venezoelaner „Carlos“ auf die Opec-Konferenz in Wien teilgenommen. Dabei waren drei Menschen getötet worden. Klein, der in Wien schwer verletzt worden war und kurze Zeit später aus der Terrorszene ausstieg, hat eine Beteiligung an den Tötungen stets bestritten.

Dem Ermittlungsverfahren lag eine Anzeige des hessischen FDP-Politikers Jörg-Uwe Hahn zu Grunde. Cohn-Bendit erklärte wiederholt, er habe nicht „Strafe, sondern Morde vereitelt“, indem er Klein geholfen habe, nach seinem Ausstieg „geplante Anschläge der ,Revolutionären Zellen‘ publik zu machen“. WG