Das Ende der Kungelei

Am 13. Juni wird in einem Volksentscheid über eine neues Wahlrecht in Hamburg abgestimmt: Zwei Modelle stehen zur Auswahl. Die taz informiert in einer Serie bis zum Wahltag über die möglichen Konsequenzen aus dieser Entscheidung

von PETER AHRENS

In drei Wochen wird nicht nur ein Europäisches Parlament gewählt. Die HamburgerInnen stimmen zudem über ein neues Wahlrecht ab – eine Entscheidung, die das politische System in der Hansestadt massiv verändern könnte. Die taz wird in den Wochen bis zur Wahl in mehreren Folgen jeweils samstags auf die Tragweite des Volksentscheids für ein neues Wahlrecht hinweisen.

Zur Wahl am 13. Juni stehen zwei Entwürfe. Auf der einen Seite stehen die Vorschläge der „Initiative für ein faires Wahlrecht“, die den Volksentscheid erst angeschoben und möglich gemacht hat. Unterstützt wird die Initiative nicht nur von GAL und FDP, sondern auch von zahlreichen Persönlichkeiten und Institutionen, unter anderem den Gewerkschaften, der Nordelbischen Bischöfin Maria Jepsen und der früheren SPD-Justizsenatorin Lore-Maria Peschel-Gutzeit.

Nach diesem Modell soll es in Hamburg 17 Mehrmandatswahlkreise geben. Die WählerInnen haben danach die Chance, insgesamt zehn Stimmen abzugeben: Die Stimmabgabe für eine KandidatIn ist ebenso möglich wie das Verteilen der Stimmen auf unterschiedliche politische BewerberInnen unterschiedlicher Parteien. Das ist das so genannte Kumulieren und Panaschieren – bei Wahlen in Süddeutschland ist dies seit langem gang und gäbe. Zudem können nach diesem Modell 3-5 Abgeordnete pro Wahlkreis direkt vom Volk gewählt werden, insgesamt würden 71 gewählte ParlamentarierInnen über die Persönlichkeitswahl in die Bürgerschaft einziehen.

Dem gegenüber steht das Modell der Bürgerschaftsmehrheit, noch in der vergangenen Legislaturperiode von der Großen Koalition aus CDU, SPD und Schill beschlossen. Auch dieses Modell sieht die Einführung von Wahlkreisen vor, 50 an der Zahl. Gewählt wird mit lediglich zwei Stimmen, eine für die WahlkreiskandidatIn, die andere für eine Parteiliste – also ähnlich wie bei der Bundestagswahl üblich.

Während die Bürgerschaftsmehrheit an dem Initiativen-Modell kritisiert, es zu kompliziert, wirft die Volksinitative dem Gegenentwurf vor, dadurch bliebe fast alles beim alten. Die Parteien würden auch dann großteils bestimmen können, wen sie in die Parlamente schickt.

Einig sind sich beide Seiten lediglich darüber, dass sich beim Wahlrecht etwas ändern muss. Angelika Gardiner, Sprecherin der Volksinitiative, nennt das bisherige Wahlsystem, nachdem WählerInnen lediglich eine Stimme haben, um eine zuvor von den Parteien aufgestellte Landesliste abzusegnen, das „undemokratischste Wahlrecht in Deutschland“. Wenn am 13. Juni beide Modelle die gesetzliche Mindestzustimmung von 240.000 HamburgerInnen, einem Fünftel der Wahlberechtigten, verfehlen, dann bliebe dieses von beiden Seiten abgelehnte Wahlrecht in Kraft.

Die taz wird in den nächsten Wochen berichten, was sich wirklich ändern wird, wenn das eine oder andere Modell zum Tragen kommt. Wir fragen nach, wie die Erfahrungen in Bayern und Baden-Württemberg mit dem Kumulieren und Panaschieren sind. Und wir lassen BefürworterInnen und GegnerInnen beider Modelle zu Wort kommen.

Website der Volksinitiative: www.faires-wahlrecht.de, Bürgerschaftsentwurf: www.50wahlkreise.de