Chinatown doch noch lebendig

Nicht nur Gedenktafel erinnert an Vernichtung des Chinesenviertels in St. Pauli durch die Nazis. Auch Aktion Stolpersteine will sich nun dem Thema zuwenden

Der taz-Bericht über die Vernichtung des Chinesenviertels in St. Pauli durch die Gestapo vor 60 Jahren (taz vom 15. Mai) hat große Resonanz ausgelöst. So hat sich die Initiative „Stolpersteine“ nun gemeldet, um an die von den Nazis ermordeten Chinesen erinnern zu wollen. Es gibt in St. Pauli zwar bereits einen Stolperstein, doch die Erinnerung an Chinatown ist hierin noch nicht aufgenommen. Dieses Versäumnis soll aufgeholt werden.

So bleibt es bisher noch beim Gedenken durch die Tafel, die der Hamburger Künstler Gerd Stange 1996 in der Schmuckstraße aufgestellt hat. Gemeinsam mit Theatermacher Michael Batz hatte er damals nicht nur per Infotafel an das Schicksal von Chinatown erinnert, er hatte dies auch mit einer Fußballspiel-Aktion verknüpft.

Stanges Gedenktafeln, die Hamburg zur Zeit des Faschismus als Thema haben, hängen unter anderem auch am Ernst-Thälmann-Platz und in der Tarpenbekstraße: Als neuestes Projekt plant er eine Tafel an der Emilienstraße in Eimsbüttel anzubringen, um an Rosa Luxemburg zu erinnern. Batz hatte das Thema Chinatown erst im Januar nochmals aufgegriffen, als er zum Holocaust-Gedenktag im Auftrag der Bürgerschaft die Geschichte des Chinesenviertels hatte Revue passieren lassen.

Auch das St.Pauli-Stadtteilarchiv weist darauf hin, dass es sich in seiner Arbeit und bei seinen Stadtteilrundgängen mit dem scheinbar vergessenen Chinesenviertel rund um die Schmuckstraße beschäftigt. Die nächsten Rundgänge, bei denen das Thema eine Rolle spielt, finden am 10. Juli unter dem Motto „Das kleine St. Pauli-ABC“ (Beginn 14 Uhr, Treff: St. Pauli-Archiv, Wohlwillstraße 28) und am 8. August unter der Überschrift „St. Lustig und St. Liederlich“ (14 Uhr, Treff U-Bahn St. Pauli) statt. Am 18. September wird der Rundgang „Daheim in der Fremde. Einwanderung in St. Pauli“ angeboten, bei dem auch die chinesische Migration Anfang des vergangenen Jahrhunderts erwähnt werden wird.

Die Berichterstattung über Chinatown hat Stange zum Anlass genommen, seine Gedenktafel zu säubern und zu polieren. Graffitis hatten das Erinnern an die asiatische Tradition in St. Pauli zuletzt etwas schwierig gemacht. PETER AHRENS