Himmelfahrtskommando für Airbus

Verwaltungsgerichte erwirken Baustopp für Landebahnerweiterung in Neuenfelde. Protestdemo der Airbus-GegnerInnen wird dadurch spontan zum Freudenfest. Rechtliche Zweifel an der Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geäußert

von PETER AHRENS

Die Sonne scheint in Finkenwerder, „und die Welt ist wieder gut“, sagt Gabi Quast. Nicht oft haben die GegnerInnen der Airbus-Erweiterung Anlass gehabt, so fröhlich dreinblicken zu können wie über Himmelfahrt. Aber jetzt haben sie einen Grund zum Feiern, und die Protestdemonstration mutiert zum Freudenfest. Sowohl Verwaltungs- als auch Oberverwaltungsgericht haben die Arbeiten für die Landebahnerweiterung des Airbus-Werks erst einmal gestoppt. Airbus dürfe den Neuenfelder Deich nicht aufreißen, weil das Unternehmen ansonsten vollendete Tatsachen schaffen würde. Schließlich laufen noch zahlreiche Einspruchsverfahren gegen die Erweiterung – und so lange die nicht entschieden seien, dürfe am Deich auch nicht gebaut werden, befanden die Richter beider Instanzen.

Rasseln, Hupen, Trillerpfeifen, Applaus – als Gabi Quast stilgemäß vom Trecker herunter den Gerichtsbeschluss bekannt gibt, herrscht beste Stimmung unter den gut 250 DemonstrantInnen. „Wir haben für diese Entscheidung gekämpft wie verrückt“, sagt Quast: „Das ist ein Erfolg, wie wir ihn uns nicht erträumt hätten.“ Erst am Montag hatten die Airbus-GegenerInnen den Baustopp beantragt, nachdem sie am Wochenende von den Plänen erfahren hatten, den Hauptdeich zugunsten der verlängerten Start- und Landebahn abzureißen. Die Arbeitsgruppe hatte dem Projekt den vielsagenden Titel „Himmelfahrtskommando“ verpasst.

Die RichterInnen begründeten ihren Entschluss damit, dass mit dem Abriss des Deiches „schutzwürdige Interessen der Anwohner berührt“ werden. Beide Gerichte konnten keine Notwendigkeit erkennen, warum Wirtschaftsbehörde und Unternehmen eine solche Eile bei den Arbeiten an den Tag legen. Mit dem Abriss werde zudem „die raumordnende Funktion des Deiches aufgehoben“ bemängelten die RichterInnen. Zudem, und darauf setzen die NeuenfelderInnen auch künftig juristisch Hoffnung, gebe es grundsätzlich erhebliche Bedenken gegen den Planfeststellungsbeschluss: Es stelle sich die Frage, ob die Landebahnerweiterung durch ihn überhaupt gedeckt sei oder sich noch auf den alten Feststellungsbeschluss Mühlenberger Loch beziehe – dieser Beschluss ist seit 2002 aufgehoben.

Trotz des Teilerfolges: Marschiert und protestiert wurde am Mittwoch und am Donnerstag trotzdem. Mit Sandsäcken, Rettungsringen und Schwimmwesten ausgestattet gingen die Airbus-GegnerInnen den Deich ab, trugen Transparente wie „Deichverteidigung tut Not“ oder „Wer den Deich bricht, bricht den Frieden“ vor sich her und verlasen die Namen derjenigen HamburgerInnen, die bei der großen Elbe-Sturmflut 1962 ums Leben gekommen waren.

Dass jetzt mit der gerichtlichen Ermutigung im Rücken weitergekämpft werden müsse, darüber sind sich die NeuenfelderInnen einig. Airbus-Gegner Peter Bartels sagt: „Es geht uns auch um die Würde der Menschen hinterm Deich.“