Milliarden für moralische Investition

Als erstes Land will Norwegen seine Ölmilliarden für gute Zwecke reservieren. Gewinn ja, aber nicht mit Landminen

OSLO taz ■ Norwegens Finanzminister hat ein beneidenswertes Problem: Er muss den Überschuss im Staatshaushalt in den Griff bekommen. Das liegt an der Stellung des Landes als europäischer Ölkrösus. In einem „Ölfonds“ – mit jetzt über 110 Milliarden Euro – werden Einnahmen aus den Lizenzen der Ölgesellschaften gesammelt, damit auch Generationen nach dem Versiegen der Nordseequellen noch etwas von diesem Reichtum haben.

Das Geld arbeitet in weltweiten Aktien und Obligationen. Wo genau, wurde bislang strikt nach ökonomischen Kriterien entschieden: 60 Prozent eher sicher in Obligationen, 40 Prozent mit etwas mehr Risiko in Aktien. Das brachte dem Fonds 2003 ein Plus von 12,6 Prozent. Dass die norwegische Staatsknete bislang dazu beitrug, auch die Produktion von Atomwaffen, Landminen oder Tabak in Gang zu halten, war seit Jahren heftig kritisiert worden.

Damit soll spätestens 2006 Schluss sein. Im gerade vorgelegten Budgetentwurf kündigt die christdemokratisch geführte Regierung eine scharfe Richtungsänderung an: „Der Ölfonds soll keine Investitionen vornehmen, welche mit einem inakzeptablen Risiko verbunden sind, dass der Fonds sich an unethischen Handlungen beteiligt.“ Es wird eine Negativliste von Produkten geben, in deren Herstellung künftig der Fonds nicht mehr investiert oder seine Gelder abzieht: Neben den lange kritisierten Geschäften mit bestimmten Waffentypen – ABC-Waffen, Brandbomben, Laserwaffen, Landminen – werden dies Unternehmen sein, welche im Hinblick auf Menschenrechte, Umweltfragen oder Korruption durchs Sieb fallen.

Von „einem historischen Tag“ sprach da sogar Øystein Djupedal, finanzpolitischer Sprecher der oppositionellen Linkssozialisten: Norwegen setze sich damit als finanzielle Großmacht an die Spitze ethisch bestimmter Investitionen. Die Regierung behauptet stolz, gar das weltweit erste Land zu sein, welches nun solche Ethikmaßstäbe anlege. Und die linke Tageszeitung Klassekampen lobt: „Radikaler als sogar die Umweltbewegung das je gefordert hat.“

Dabei soll es nicht nur einen stillschweigenden Rückzug aus solchen Werten geben. In einem mehrstufigen Mechanismus will Oslo zunächst seinen Einfluss als Aktionär geltend machen, um etwa Kinderarbeit, Umweltzerstörung, zweifelhafte Vermarktungsmethoden zum Thema zu machen und aktiv auf eine Veränderung hinzuwirken. Erst wenn dies nicht gelingt, wird verkauft. REINHARD WOLFF