Schiffbauer sehen noch kein Land

Auch der angekündigte Werftenverbund im Norden kann die Probleme der deutschen Schiffbauunternehmen nicht wirklich lösen. Stattdessen droht an der Küste ab Herbst eine neue Runde im Arbeitsplatzabbau

von PETER AHRENS

Aus Sicht von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD) war es ein Anlass zum Jubeln: Für die Kieler Werft HDW, seit längerem wirtschaftlich auf Schlingerkurs, gebe es jetzt „endlich eine sichere Perspektive“, kommentierte der Minister die Ankündigung eines deutschen Werftenverbundes von HDW und den beiden Thyssen-Werften Blohm&Voss in Hamburg und Thyssen Nordseewerke in Emden. Seine Freude könnte aber verfrüht sein: Stellenabbau droht, und nicht nur die IG Metall spricht von „erheblichen Risiken“, die mit einem solchen Verbund zusammenhängen. Entwarnung herrscht für den seit Jahren unter Druck stehenden deutschen Schiffbau immer noch nicht.

Die Gewerkschaften sehen denn auch das Zusammengehen der Werften im Norden mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Auf der einen Seite sagt der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Kiel, Wolfgang Mädel, der Verbund sei „längst überfällig, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Werften zu erhalten“. Er hat dabei vor allem die vermeintlich übermächtige Konkurrenz aus Südkorea und China im Auge, die den weltweiten Handelsschiffbau nicht zuletzt durch staatliche Subventionen bestimmt. Die deutschen Werften könnten im Abwehrkampf dagegen „nur noch gemeinsam überleben“, ist sich Mädel angesichts dessen, dass mittlerweile beinahe 85 Prozent der Handelsschiffe in Fernost gebaut werden, sicher.

Andererseits ist sich auch HDW-Betriebsratschef Ernst-August Kiel darüber im Klaren, dass auf ihn und seine Organisation mit dem Verbund viel Arbeit zukommen wird. Denn die Manager von Thyssen Krupp und dem amerikanischen HDW-Eigner OEP wollen mit dem Verbund auch einen Personalabbau verknüpfen, darüber lassen sie keinen Zweifel. Einen Arbeitsplatzabbau werde es „auf jeden Fall“ geben, hat die Sprecherin von Thyssen Krupp, Anja Gerber, gestern schon unverhohlen angekündigt – und das dürfte weniger die Militärsparte mit dem U-Boot-Bau als gerade den Handelsschiffbau treffen. Der IG Metall-Küste-Chef Frank Teichmüller warnt denn auch schon präventiv, „eine breite Produktvielfalt und der Erhalt des zivilen Schiffbaus sind unabdingbar“. Es sei Aufgabe des Managements, „das Vertrauen für eine tragfähige Lösung zu schaffen“.

„Mit Sicherheit wird nicht alles so bleiben, wie es ist“, sagt auch Mädel, und es schwingt zumindest die Hoffnung mit, dass die Standorte im Norden in ihrer Existenz nicht gefährdet sind: Tatsächlich ist eine Werftenschließung in Emden, Hamburg, Rendsburg oder Kiel derzeit kein Thema. Die Kooperation, die zwischen den Thyssen-Werften in Hamburg und Emden seit Jahren besteht, hat sich bewährt. Sie könnte unter Einbezug der HDW eher erweitert als gekappt werden.

2,2 Milliarden Umsatzvolumen erwarten sich die Schiffbauer von dem Verbund, für den im Juli die endgültigen verträge unterzeichnet werden sollen. Auch wenn für die Umsetzung aus kartellrechtlichen Gründen noch eine Ministererlaubnis erforderlich ist, die Thyssen und OEP beim Bundeswirtschaftsministerium einholen werden, sind alle Beteiligten sind überzeugt, dass der Verbund diesmal auch wirklich kommt. Anders als 1999, als der damalige HDW-Besitzer Preussag in Hannover stolz mitteilen ließ, der deutsche Werftenverbund würde „bereits in den nächsten Wochen perfekt gemacht“. Und in den frühen 90er Jahren sollten die deutschen Werften damals noch unter Einschluss des Bremer Vulkan bereits unter einem gemeinsamen Dach zusammengefasst werden. Die Pleite des Vulkan-Konzern und die diversen Besitzerwechsel bei HDW ließen diese Bemühungen aber immer wieder ins Leere laufen.

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