Kicken ohne schlechtes Gewissen zu haben

Heute kommen 24.000 Bälle aus Pakistan mit Transfair-Siegel in den Supermarkt. Lettland spielt schon damit

BERLIN taz ■ Unter dem Motto „Fair ist mehr“ will der Deutsche Fußballbund gegen unsportliches Verhalten auf dem Rasen vorgehen. Der Ball spielt dabei noch keine Rolle. Das soll sich ändern, findet der für sein Gütesiegel bekannte Verein Transfair und bringt pünktlich zur Europameisterschaft fair gehandelte Fußbälle in den Handel.

Kaiser’s/Tengelmann verkauft ab heute eine Woche lang bundesweit 24.000 Fußbälle mit dem Logo für 9,99 Euro. „Die hohe Stückzahl erlaubt es uns, einen so niedrigen Preis zu veranschlagen, ohne dass dabei bei den Näherinnen gespart wird“, erklärt Karin Wolter von Transfair im Gespräch mit der taz. Die fair gehandelten Bälle werden wie 70 Prozent aller Fußbälle weltweit in Pakistan hergestellt. Die aufwändige und anstrengende Handarbeit wurde früher oft von Kindern in pakistanischen Dörfern ausgeführt. Im so genannten Atlanta-Abkommen haben sich die großen Hersteller jedoch inzwischen verpflichtet, die Kinderarbeit in der Fußballproduktion abzuschaffen. Daher findet die Produktion nicht mehr in Heimarbeit statt, sondern in kontrollierbaren Nähzentren. Fairhandelsaktivisten ist das nicht genug: „Kinderarbeit verbieten reicht nicht. Eltern müssen mehr verdienen, damit Kinder nicht mehr arbeiten müssen“, erklärt Brigitte Frommeyer von der Fairhandelsorganisation Gepa. Die Gepa ist Pionier im fairen Fußballgeschäft und verkauft pro Jahr etwa 35.000 Bälle in den Weltläden.

Die Tengelmann-Aktion bringt die Bälle nun erstmals in deutsche Supermärkte. Importiert werden sie vom deutsch-schweizerischen Unternehmen Tramondi, das selbst in Pakistan produziert. Die Tramondi-Bälle tragen das Transfair-Siegel, da das Unternehmen bestimmte kontrollierte Arbeitsstandards erfüllt. Dazu gehören etwa die Freiheit zur Gründung von Gewerkschaften, ein Sanitätsdienst samt Arzt im Betrieb und ein allgemeines Mitspracherecht der Arbeiter. Außerdem gehen 15 Prozent des Preises an einen Sozialfonds, aus dem der Arbeiterrat dann Schulbücher oder Schulkleidung kaufen kann. Dabei sind fair gehandelte Bälle laut Tramondi-Chef Peter Mucha nicht teurer als andere: „Wir sparen uns lieber die Zwischenhändler und machen weniger Werbung.“

Und nicht nur Mucha hat mit solchen Bällen Erfolg. Deutschlands Europameisterschaftsgegner Lettland hat mit Tramondi-Bällen die Qualifikation geschafft. Wenn es nach Transfair geht, soll dann bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland mit fairen Bällen gespielt werden. NIKOLAI FICHTNER