Die Partei, die hat immer Recht

In Bremen hat sich ein FDP-naher Verein „Liberaler Mittelstand“ gegründet. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Rexrodt überbrachte zur Feier des Tages deftige Wahlkampfparolen

Bremen taz ■ Puh, das war wieder ein Tag für Günther Rexrodt. Als der FDP-Bundestagsabgeordnete am Mittwochabend in Bremens nobler „Havanna Lounge“ am Marktplatz eintrudelte, wo schick gewandete 25 Herren und zwei nicht minder elegante Damen auf ihn warteten, hatte er genug vom Zorn des Volks. Morgens habe er im ZDF-Morgenmagazin darüber referiert, „dass die staatlichen Zuschüsse zur Rentenversicherung“ zu hoch seien. Und obwohl er gar nicht gesagt habe, dass die Renten gekürzt werden müssten („ich bin ja nicht blöde“), sei das Telefon in seinem Büro nicht mehr stillgestanden, regte sich der Ex-Bundeswirtschaftsminister auf. Wüst habe man ihn beschimpft.

Derlei hatte der Herr aus Berlin in Bremen nicht zu befürchten. Rexrodt war herbeigeeilt, um einem gerade gegründeten Verein alles Gute zu wünschen – der Vereinigung Liberaler Mittelstand e.V. Man sei keine FDP-Gruppierung, stehe der Partei aber „nahe“, sagte Vorstand Robert K. Czichos. Wer liberal denke, der denke „vorurteilsfrei, freidenkend und freiheitlich“. Und: „Der Mittelstand ist der Treibstoff, der den Motor Deutschland mit am Laufen hält.“

Ehrengast Rexrodt unterhielt die Mittelstands-Runde mit einer tour d‘horizon durch diverse Felder der Innenpolitik: Er redete über das Steuersystem und die Arbeitsmarktpolitik, über das böse Tarifkartell und den „gewerkschaftlich unterwanderten“ Arbeitgeberbund, über den Föderalismus, der „neu gerichtet“ werden müsse, und das „Megathema Demographie“. Irgendwann kam die Zuwanderungspolitik an die Reihe: „Wir brauchen in unserem Land mehr Ausländer“, tönte der Ex-Minister. Um nachzuschieben: „Wir müssen natürlich die richtigen Ausländer hier haben.“ Das „Qualitätsniveau“ bei uns sei nicht das, was klassische Einwanderungsländer hätten. Zuwanderungspolitik dürfe nicht nur „Kostgänger in unsere Sozialsysteme“ anlocken. „Das ist doch abwegig, das ist krank, das muss geändert werden.“

Das Rezept des FDP-Manns: Deutschland brauche „mehr Zuversicht, Optimismus und Risikobereitschaft“. Und all das „haben wir aber nicht“, weil Rot-Grün „in den letzten Jahren eine schlechte Politik gemacht“ habe – „gar nicht mal im Grundansatz“, da seien die Schröder-Reformen ja eigentlich ganz gut, „sondern im handwerklichen Bereich“ – „das versteht doch keine Sau mehr“.

Allein die FDP halte Kurs: „Das was heute diskutiert wird, sind alles Positionen und Themen, die die FDP in den 80er und 90er Jahren entwickelt hat“. Das jedoch, ist Rexrodt dann doch noch ein wenig selbstkritisch, „interessiert die Menschen ja nicht“. Man müsse „die Thematik deshalb immer wieder neu zuspitzen und mit Personen verbinden – da tun wir uns ein bisschen schwer, wenn ich ehrlich bin“. Den Namen des Parteichefs Westerwelle nahm Rexrodt den ganzen Abend lang nicht in den Mund.

Markus Jox