schnittplatz
: Wenn Politiker Presse spielen

Was bedeutet es, wenn sechs Bundestagsabgeordnete zusammenstehen und so tun, als wären sie Journalisten, die darauf warten, dass Bundestagsabgeordnete aus ihren Fraktionssitzungen herauskommen? Vordergründig lässt sich das leicht erklären. Die sechs Abgeordneten nennen sich „Wasserwerker“, tun so, als wären sie Kabarettisten, stehen auf der Bühne des Tränenpalasts und spielen für andere Abgeordnete, spielen Journalisten. Wie gesagt, das ist nur die vordergründige Erklärung. Was bedeutet es?

Man könnte ganz kleinlaut werden: Ach, so schwer haben die es mit der fiesen Journaille, dass sie es nur in bitteren Scherzen verarbeiten können. Aber jener Journalistenscherz ist nicht bitter, sondern der einzig witzige in der sonst seltsamen Show: Das Parlamentarierpublikum klatscht, als wollte es einen Musikantenstadl-Lookalike gewinnen, während die Abgeordneten-Kaberettisten über Ulla Schmidt („Deine Welt ist das Sparen“) und über Hinterbänkler („always fly and drink and eat and the people pay the shit“) singen.

Die Journalistennummer ist dagegen liebkosend-neckisch. Lokal-, Bild- und Spiegel-Reporter lehnen sich an Stehtische, ihre Handys am Ohr, auch wenn sie nicht telefonieren, und geifern allen entgegen, die die Fraktionssitzung verlassen – und brüllen per Handy ihren Redaktionen die üblichen Floskeln zu.

Es muss für die Politiker komisch sein zu wissen, dass all ihr Tun per Handy sofort weitergeplappert und dann gedruckt wird. Dann wiederum kann das diesen Abgeordneten gleichgültig sein. Sie sind zu unbekannt, um von der Handysippe belagert zu werden. Und wenn doch, stören Journalisten, die in der Hauptsache laute und blöde Telefonierer sind, nicht wirklich. Laute Telefonierer sind kalkulierbar.

Zum Schluss: Urteilen Sie selbst! Was ist besser, die Journaille oder die Journaille, wie sie vom Grünen Winfried Hermann in Form eines Spiegel-Reporters dargestellt ist: „Kaum hatte Franz Müntefering Komma 63 Komma die Fraktionssitzung eröffnet, da kam Struck Komma 60 Komma zu Scholz Komma 45 Komma“ und sagte etwas in einem Ton, dass „Scholz Komma 45 Komma sich eher als Sekretär denn als General fühlte.“ MAREKE ADEN