Schweizer Airline stutzt ihre Flügel

Harter Sparkurs bei der Swiss: Jeder dritte Start fällt weg, jedes dritte Flugzeug wird abgeschafft, jeder dritte Mitarbeiter muss gehen. Nur 15 Monate nach ihrer Gründung steht die Nachfolgerin der Pleite gegangenen Swissair kurz vor dem Bankrott

von ARMIN SIMON

Mit einem radikalen Kürzungsprogramm will das Management der Schweizer Airline Swiss eine drohende Bauchlandung verhindern. Ab August sollen jede dritte Verbindung der Swissair-Nachfolgerin sowie 3.000 der rund 10.000 Stellen wegfallen. Außerdem soll die Flotte von 108 auf 74 Flieger verkleinert werden. Das geht aus dem gestern vom Verwaltungsrat vorgestellten Geschäftsplan hervor.

Swiss hält außerdem an der bereits angekündigten Streichung von 1.000 Stellen fest. Gewerkschaftsvertreter rechnen mit einem Verlust von weiteren 2.000 Vollzeitstellen bei Catering und Service. So will die Airline, deren Umsatz im ersten Quartal 2003 bei 650 Millionen Euro lag, jährlich eine Milliarde Euro einsparen. Die „substanziellen Opfer“ seien notwendig, um das Überleben zu sichern, hieß es im Verwaltungsrat.

Swiss hatte 2002 einen Verlust von knapp 650 Millionen Euro eingeflogen. Der Irakkrieg und vor allem die Sars-Epidemie ließen die Nachfrage nach Flügen einbrechen. Im Europaverkehr will Swiss-Chef André Dosé künftig Premium- und Billigservice im gleichen Flieger anbieten. Weitere Partnerschaften mit anderen Airlines hält er langfristig für unverzichtbar.

Zumindest einen Teil der Gewerkschaften hat Dosé bei seinem Sparprogramm auf seiner Seite. „Uns liegt die langfristige Sicherung unserer Arbeitsplätze am Herzen“, sagt etwa Christian Frauenfelder, Vizepräsident von Aeropers, der Vereinigung der ehemaligen Swissair-Piloten. Wenn Dosé beweisen könne, dass die Stellenkürzungen notwendig seien, um die Swiss „auf eine überlebensfähige Grundlage“ zu stellen, dann werde man den Plan mittragen. Allerdings müssten dann auch die verantwortlichen Manager gehen. Frauenfelder: „Es kann nicht sein, dass nur das Personal blutet.“

Die Zustimmung zum Sparkurs dürfte der Aeropers noch aus einem anderen Grund leicht fallen. Dosé will nämlich auch den Regionalflugverkehr – früher: Crossair – wieder in eine eigene Tochter namens Swiss Express ausgliedern. Branchenkenner hatten die Zusammenlegung von Regional- und Langstreckensparte schon bei der Gründung von Swiss kritisiert. Von einem „unseligen Kulturmix“, der nirgends auf der Welt funktioniere, spricht Frauenfelder. Eine Trennung der beiden Sparten dürfte zumindest den ehemaligen Swissair-Piloten nützen. Bei der Swiss-Gründung, so Frauenfelder, hätten schon 400 von ihnen gehen müssen, das Gehalt der Verbliebenen sei um 35 Prozent gekürzt worden. Daher lägen die Kosten bei Lang- und Mittelstreckenflügen unter dem europäischen Durchschnitt. Die Ex-Crossair-KollegInnen hingegen flögen bis zu 30 Prozent teurer als die Konkurrenz.

Allerdings darf die Swiss, dem Urteil eines Schiedsgerichts zufolge, nicht ausschließlich Crossair-Piloten kündigen. Bis zum 15. Juli will Dosé daher neue Gesamtarbeitsverträge aushandeln. Sein Druckmittel: Nur gemeinsam sei der „turnaround“ zu schaffen.