Der tiefe Fall von Wuppertal

Die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) geraten im Streit um Fördermittel für die Schwebebahn weiter unter Druck. Dokumente angeblich gefälscht. Bezirksregierung stoppt Strukturentwicklungsgelder

VON KLAUS JANSEN

Urkundenfälschung – der Vorwurf wiegt schwer. Nachträglich sollen die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) einen Vermerk in die Ausschreibungsunterlagen für die Vergabe der Gerüstsanierung der Wuppertaler Schwebebahn manipuliert und vom Jahr 2003 auf das Jahr 1996 zurückdatiert haben. Dies berichtet die Westdeutsche Zeitung unter Berufung auf den bislang noch nicht abgeschlossenen Bericht des Landesrechnungshofes (LHR), in dem die Verwendung von Fördermitteln in dreistelliger Millionenhöhe an die WSW geprüft wird.

„Das ist vollkommen unhaltbar“, sagt Michael Malicke, Sprecher der WSW. Bezirksregierung und Landesrechnungshof wollen den Vorwurf weder dementieren noch bestätigen. Doch die Landesregierung äußert sich: „Der Minister hat die Bezirksregierung eingeschaltet“, sagt Lothar Wittenberg, Sprecher von NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD). Der Druck auf die WSW wächst.

Seit Monaten liegen die WSW mit dem Land und der Düsseldorfer Bezirksregierung im Clinch. Fest eingeplante Fördermittel zur Sanierung der Schwebebahn in Höhe von 120 Millionen Euro fordert die WSW bislang ergebnislos vom Land. Das beruft sich darauf, dass es das Geld nie zugesichert habe und dass die städtische Tochter WSW auf eigenes Risiko den Ausbau des Wuppertaler Wahrzeichens vorangetrieben habe. Wuppertal will das Geld einklagen.

Doch auch in der umgekehrten Richtung wird viel Geld gefordert: 11,4 Millionen Euro angeblich zu viel gezahlter Fördermittel will Düsseldorfs Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) von den WSW zurück. Vor zwei Wochen eröffnete er unter Berufung auf den LRH, dass 100 Millionen Euro zweckentfremdet worden seien – Geld, das er ebenfalls zurückfordern könnte.

Seit der vergangenen Woche sind auch Wuppertals Nachbarn von dem Streit betroffen: Die Bezirksregierung stoppte die Zahlungen für das Strukturentwicklungsprogramm Regionale 2006, laut Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) „das wichtigste Entwicklungsprojekt im Bergischen Land.“ Wie viel Geld der Region dadurch entgeht, konnte die Bezirksregierung nicht errechnen. Die Bürgermeister von Solingen und Remscheid, betroffen durch den Investitionsstopp für gemeinsame Projekte mit Wuppertal, äußerten sich in einer Pressemitteilung aber bereits „besorgt“ über das Chaos der Nachbarstadt.

Gestern Abend tagte das Landeskabinett in Wuppertal. Vor der Haustür hatten SPD, CDU und Gewerkschaften eine Demonstration gegen die Streichung der Landesmittel angekündigt. Hinter verschlossenen Türen wollten die Wuppertaler jedoch verhandeln: „Wir werden die Minister ins Gebet nehmen“, kündigte Wuppertals SPD-Fraktionsgeschäftsführer Andreas Paust an. Ziel: Die gestrichenen Regionale-Mittel von der Schwebebahnkrise zu entkoppeln und zu erreichen, dass noch vor dem Abschluss des in zwei Monaten erwarteten LRH-Berichts wieder Geld in die Stadt fließt. Dem letzten Wunsch erteilte Verkehrsministeriumssprecher Wittenberg bereits im Vorfeld eine Absage: „Der Minister wird kein Geld gewähren, bevor der Bericht da ist.“