Frauen werdet reich!

Einer Reihe junger Frauen hängt die Frauenfrage längst zum Halse raus. Oder wird gerade alles wieder spannend?

Die taz wird 30. Mit diesem Alter hat man gewöhnlich, wie Sonja Eismann das mal so schön gesagt hat, den „Höhepunkt der Postadoleszens“ erreicht. Jetzt muss etwas neues kommen. So steckt die taz also mitten in den Geburtstagsvorbereitungen, mietet schon mal einen Partyraum, schreibt Gästelisten, bastelt sich ein neues Outfit zusammen und fragt sich dabei, was mit dem 30. alles anders wird. Wie sieht die Post-Postadoleszens aus?

Geburtstage sind Festtage. Und so will die taz feiern – mit Familie, Anhang, Abtrünnigen und Neugierigen. Das heißt aber auch, dass man sich streitet. So ist das Motto des Partykongresses „!Tu was?“ – eine Aufforderung und eine Frage. Konkret auf die Genderfrage bezogen heißt das: Gleichheit auf allen Ebenen fordern oder mit dem Fahrstuhl in die Chefetage düsen?

Der Feminismus hat ein wildes Jahr hinter sich. Simone de Beauvoir wurde 100 und endlich fragte man sich wieder: Was machen wir eigentlich mit ihrem Vermächtnis? Dabei haben sich ein paar Gräben aufgetan: Einer ganzen Reihe junger Frauen hängt die Frauenfrage längst gewaltig zum Halse raus. Zu sehr fühlen sie sich von den Vorkämpferinnen be-omat. Die Streitereien, die sie in ihren Familien erlebt haben, die endlosen Diskussionen in Schule oder Uni haben ihnen das Thema verleidet. Aber auch sie wollen Geld verdienen, sind ehrgeizig in Sachen Ausbildung. Gelegentlich wider Willen merken sie: Obwohl sie mit Feminismus nichts am Hut haben, bleiben ihnen Aufstiegschancen versperrt. Das baut erste Brücken zur nächsten Fraktion. Die hat das Gefühl, dass es gerade wieder spannend wird. Endlich soll die To-do-Liste abgearbeitet werden: neuer Schönheitswahn, immer noch unbefriedigende Rollenverteilung, eklatante Einkommensunterschiede, Haushaltspflichten und Kinderkriegen.

Der „neue“ Feminismus ist 2008 wild beschrien worden – von allen Seiten. Charlotte Roche kolonialisierte die „Feuchtgebiete“ und wurde von den einen als sexuelle Befreierin gefeiert, von den anderen als Dienerin von Männerfantasien verachtet. Die „Alphamädchen“ Meredith Haaf, Susanne Klingner und Barbara Streidl erklärten in ihrem Buch, „warum Feminismus das Leben schöner macht“, und Jana Hensel und Elisabeth Raether verabschieden sich in „Neue deutsche Mädchen“ vom „Emma-Feminismus“. Und nun?

„Feminismus ist kein Wettbewerb darum, wer in der Opferskala am weitesten unten steht“, hat Hilal Sezgin jüngst auf der taz-Meinungsseite festgestellt. Daher wünschen wir uns zum 30. Geburtstag: „Mädels – werdet endlich reich!“ Ist das einfach nur snobbistisch? Eine billige Aufstiegsfantasie der fleißigen Mittelschicht? Thea Dorn hat mit ihrem Buch „Die F-Klasse“ für mehr Mut zum Elitesein geworben. Damit ist es zwar nicht getan, aber schon mal ein wichtiges Tabu benannt: Nicht wenige Frauen kompensieren ihre relative Randstellung damit, dass sie sich moralisch gesehen auf der sicheren Seite wähnen. Gesellschaftliche Teilhabe aber ist nur durchzusetzen für Frauen, die bereit sind, sich auch mal die Hände schmutzig zu machen: Tu was! Mitspielen, Gestalten, die Verantwortung auch für die eigenen ökonomische Interessen übernehmen – wie das aussehen soll, das müssen wir neu überlegen.

Vergessen wir nicht: Armut im Alter ist nach wie vor ein Problem von Frauen, ebenso wie die Kinderziehung – allen neuen Vätern zum Trotz. Das wird sich aller Prognosen nach weiter verschärfen. Die Führungsjobs haben noch immer die männlichen Kollegen. Also gilt es herauszufinden: Wie kann die sinnvolle feministische Kritik an kapitalistischen Prozessen der Ausbeutung mit einem klügeren Verhalten in Sachen Geld verbunden werden? Die taz-Redakteurin Ines Kappert diskutiert das Verhältnis von Kritik, Hedonismus und Ökonomie auf dem tazkongress in ihrem Panel „Mädels – werdet endlich reich!“

Der tazkongress findet vom 17. bis 19. April 2009 im Haus der Kulturen der Welt statt. Mehr zum tazkongress: www.30jahre.taz.de JUDITH LUIG