Polnische Soldatinnen im Irak

Neben Ärztinnen bereiten sich auch Anti-Terror-Kämpferinnen auf ihren Einsatz vor

WARSCHAU taz ■ US-amerikanische Soldatenhände tasten irakische Frauenkörper ab: Haben sie Waffen unter den Kleidern versteckt? Anfang Juni lösten solche Leibesvisitationen in Bagdad einen Aufstand aus. Hunderte muslimische Männer stürmten wutentbrannt auf die Amerikaner zu und drohten, deren Hände abzuhacken, sollten sie es wagen, noch einmal eine muslimische Frau zu berühren.

In Polen bereiten sich indessen die ersten Soldatinnen auf ihren Einsatz im Irak vor. Professor Marek Dziekan, einer der bekanntesten Arabisten Polens, berät die Armee: „Nur sie können muslimische Frauen einer Leibesvisitation unterziehen, ohne dass deren Ehemänner gleich an Blutrache denken.“ In der polnischen Armee dienen insgesamt 360 Berufssoldatinnen. Doch bislang konnten für den Irakeinsatz gerade mal 15 rekrutiert werden, außerdem vier Polizistinnen. Die Soldatinnen – Offizierinnen, Unteroffizierinnen und Gefreite – werden jedoch allesamt im Feldlazarett arbeiten. Sie sind Ärztinnen, Krankenschwestern und Psychologinnen. Zwar will General Andrzej Tyszkiewicz, der den polnischen Besatzungssektor im Irak befehligen wird, in seiner 2.200 „Mann“ starken Truppe mehr Frauen sehen, doch die meisten sind nicht vorbereitet für Aufgaben, wie sie im besetzten Irak anfallen. Im September sollen aber noch einige Soldatinnen aus der Eliteeinheit „Grom“ in den Irak fahren. Sie sind speziell für den Antiterrorkampf ausgebildet, können schießen, Fallschirm springen, sind in asiatischen Kampfsportarten geübt.

„Ich weiß genau, was ich zu tun habe“, erklärt Wioletta Wodara. „Immerhin arbeite ich bereits seit acht Jahren im Operationssaal.“ Doch die schlanke 29-Jährige gibt auch zu: „Ich habe jedoch Angst – vor den Menschen und der Gefahr, die von ihnen ausgehen kann, und vor tropischen Krankheiten.“ Auch Justyna Syrowy, die erst seit zwei Jahren in der Armee dient, sagt: „Ich rechne mit allem. Auch damit, dass eine Frau ins Krankenhaus kommt und so tut, als sei sie schwanger, obwohl sie in Wirklichkeit Sprengstoff umgeschnallt hat. Die muss man dann entwaffnen.“

Der Zeitschrift Newsweek Polska gegenüber geben die meisten Frauen freimütig zu, was sie in den Irak lockt: Abenteuerlust und Geld. Denn der Sold einer Armee-Krankenschwester wird im Irak von umgerechnet 450 Euro auf knapp 1.400 Euro hochschnellen. Darüber hinaus wird es diverse Zulagen geben. Dennoch wird die Stimmung immer bedrückter, je näher der Abfahrtstermin rückt. Denn obwohl der polnische Sektor südlich von Bagdad im Fernsehen als der „ungefährlichste“ bezeichnet wird, sind die Bilder der letzten Tage doch beunruhigend: bewaffnete Aufständische, Demonstrationen gegen die US-amerikanischen Besatzer und immer wieder – Tote.

Anders als die US-Amerikaner und die Briten werden die Polen noch ein Problem haben: Die insgesamt knapp 10.000 Soldaten in ihrem Sektor kommen aus 15 verschiedenen Ländern, darunter 1.700 Mann aus der Ukraine, 1.100 Mann aus Spanien, 500 aus Bulgarien und je rund 100 aus Rumänien, Lettland und der Slowakei. Selbst Soldaten von den Philippinen, aus Thailand und sogar von den Fidschi-Inseln werden den Polen beim Wiederaufbau des Irak helfen.

Doch die Nachrichten von den fehlenden Massenvernichtungswaffen im Irak, derentwegen man doch in den Krieg gezogen war, von den politischen Schwierigkeiten George W. Bushs in Washington und vom Hass, der den Besatzern im Irak immer öfter entgegenschlägt, lassen in Polen das beklommene Gefühl wachsen, dass der Preis dafür, „Amerikas bester Freund in Europa“ zu sein, sehr hoch ausfallen könnte. GABRIELE LESSER