Irakisches Öl auf dem Weltmarkt

Erstmals seit dem Krieg wird wieder offiziell Erdöl exportiert – aus alten Beständen. Denn bei der Produktion und dem Transport hapert es nach wie vor. Neue Sabotageakte werden befürchtet. Der Schmuggel von Diesel geht unterdessen weiter

von KARIM EL-GAWHARY

Diese Woche ist erstmals seit dem Krieg wieder irakisches Öl auf offiziellem Weg exportiert worden. Mit einem Mausklick an einem Computer im türkischen Ölterminal Ceyhan ließ der von den US-amerikanischen Militärverwaltern eingesetzte Generaldirektor der staatlichen irakischen Vermarktungsgesellschaft Somo, Mohammed al-Dschaburi, zum ersten Mal seit drei Monaten wieder irakisches Öl in einen Tanker, sprich: auf den Weltmarkt fließen.

Die Sache hat nur einen Haken: bei dem Öl handelt es sich um acht Millionen Fass alter Bestände, die seit den Kriegstagen im Mittelmeerhafen Ceyhan lagern. Aus der Pipeline, die dort aus dem nordirakischen Kirkuk ankommt, ist bisher kein Tropfen neu geförderten irakischen schwarzen Goldes geflossen.

„Ich hoffe, wir können bis nächsten Monat den Ölexport wieder aufnehmen“, erklärte Thamr al-Ghadban, der Chef der irakischen Ölindustrie, am Rande des Weltwirtschaftsforums in Jordanien. Eine Produktion bis zu 1,4 Millionen Fass, meist für den Export, hatte das Ölministerium bis Mitte Juni vorausgesagt. Weniger als die Hälfte der Vorkriegsproduktion. Von zwei Millionen Fass bis Ende des Jahres war die Rede. Doch laut Ghadban liegt die tägliche Produktion derzeit nur bei 800.000 Fass.

Und nicht nur die Produktion, auch der Transport macht ihm Sorgen. Zwei von Kirkuk in die Türkei verlaufende Pipelines wurden innerhalb weniger Tage zu Zielen von Anschlägen. Gestern stand noch eine Gaspipeline bei der irakischen Kleinstadt Hit, 140 Kilometer nordwestlich von Bagdad, in Flammen. Gleichzeitig gab es zunächst unbestätigte Berichte von einer Explosion in einem Abschnitt der zweitgrößten Ölexport-Leitung des Landes in der Nähe der syrischen Grenze. Nun wächst die Sorge, dass sich diese Anschläge ausweiten könnten.

Laut Adel Qazzaz, dem Generaldirektor des nördlichen Ölsektors, stellen nicht die Anschläge die wirkliche Hürde für die Wiederaufnahme der Produktion und des Exports dar. Das Problem seien vor allem die Plünderungen der Ölanlagen, die zum Teil bis heute andauerten, obwohl die Ölfirma ein privates Unternehmen mit 800 Mitarbeitern mit der Bewachung der Anlagen beauftragt habe. Dabei, so heißt es, wüssten die Plünderer durchaus, was sie mitnehmen müssen, um die Ölproduktion weiter hinauszuzögern. So ist mehr von Sabotage als von Plünderung die Rede.

Währenddessen beweisen Schmuggler, dass es auch anders gehen kann. Sie profitieren davon, dass der Diesel im Irak für vier Cent für die Gallone verkauft wird, während jenseits der Grenze das Fünffache dieses Preises erzielt werden kann. An einem kleinen Flusshafen am Schatt-El-Arab im Süden des Landes floriert der illegale Handel. Tanklastwagen löschen ihre Ladung in bereitstehende kleinere Frachter. Der Name des kleinen Hafens ist dabei Programm: Abu Fulus nennen die Iraker die Anlegestelle am Grenzfluss zum Iran, zu Deutsch: Vater des Geldes.