Neue Debatte schlicht Armutszeugnis

Trotz Kompromissangebots: Arbeitgeber verlangen Streichung des Gesetzes zur Ausbildungsumlage. SPD und Gewerkschaft verärgert. Bundestag entscheidet

BERLIN taz ■ Es waren keine 24 Stunden mehr bis zur Abstimmung im Bundestag, als der Streit um die Ausbildungsumlage eskalierte. Trotz eines Zugeständnisses der rot-grünen Koalition rief die Wirtschaft diese auf, die Umlage zu stoppen. „Das Gesetz wird in Wirtschaftskreisen als Erpressung betrachtet“, sagte eine Sprecherin des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) der taz.

Die rot-grüne Koalition hatte der Wirtschaft zuvor einen Kompromiss angeboten: Falls sich Tarifpartner und Kommunen auf einen verbindlichen Pakt für Ausbildung einigen, wird das Gesetz im nächsten Jahr nicht angewendet. Ein entsprechender Antrag sollte heute mit dem Gesetz verabschiedet werden. Doch die Spitzenverbände der Wirtschaft wollen davon nichts wissen – sie möchten das Gesetz ganz vom Tisch haben oder die Umlage zumindest für drei Jahre aussetzen. „Für uns gibt es nur den Pakt oder die Umlage“, unterstrich die DIHK-Sprecherin. Durch die Umlage drohen Unternehmen, die nicht ausbilden, saftige Abgaben. Nach einer Umfrage des Instituts für Schulentwicklungsforschung finden das 57 Prozent der Bundesbürger richtig – nur 20 Prozent lehnen die Umlage ab.

In der SPD ist man über die Zurückweisung verärgert. „Ich glaube, dass es nicht klug für die Wirtschaftsverbände wäre, einen Pakt abzulehnen“, so Bildungsministerin Edelgard Bulmahn. In der SPD rechnet man dennoch damit, dass die Wirtschaft noch auf das Kompromissangebot eingeht. DGB-Chef Michael Sommer spricht von einem Armutszeugnis. Der Bundestag könnte das Gesetz am 9. Juli beschließen – vorausgesetzt, im Bundesrat votieren zuvor keine SPD-Länder gegen die Abgabe. Bis dahin bleibt Zeit für Gespräche – diese aber sind bislang nicht geplant.

ANDREAS SPANNBAUER