Streiklage bei IG-Metall wechselhaft

Streik um die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland in 16 Betrieben fortgesetzt. Auseinandersetzungen bei Federal Mogul jedoch beigelegt. BMW unterbricht Produktion in München und Regensburg. Gewerkschaft rügt CDU-Wirtschaftsminister Gillo

aus Dresden MICHAEL BARTSCH

Die IG Metall hat den Streik um die 35-Stunden-Woche gestern nach eigenen Angaben in 16 ostdeutschen Betrieben fortgesetzt. 11.000 Beschäftigte befanden sich im Ausstand, davon ein knappes Drittel in Berlin und Brandenburg, die übrigen in Sachsen. In Brandenburg waren der Schienenfahrzeugbauer Bombardier, Thyssen und DaimlerChrysler betroffen. In Sachsen ruht bei VW Mosel nun schon zwei Wochen lang die Arbeit.

Im unmittelbar benachbarten Gelenkwellenwerk, das nahezu alle namhaften Autohersteller beliefert, ist hingegen ein Haustarif vereinbart worden. Er sieht die schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche vor. Das Unternehmen war dazu aus dem Verband der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie VSME ausgetreten.

Beendet wurde der Streik auch beim mittelständischen Dresdener Kolbenringhersteller Federal Mogul. In der Nacht zum Freitag räumten die letzten Streikposten das Werkstor. Hier war es seit Streikbeginn am Dienstag zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Die Betriebsleitung ließ Arbeitswillige per Hubschrauber einfliegen. Zuletzt arbeiteten etwa 90 Prozent der 300 Mitarbeiter und sicherten die Zulieferung für die Motorenhersteller. Per einstweilige Verfügung durch das Amtsgericht Dresden wurden die Streikenden am Donnerstag auf Betreiben der Betriebsleitung gezwungen, eine drei Meter breite Gasse für Fahrzeuge freizuräumen.

Dem Vernehmen nach hat Sachsens Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) seinen Kollegen Innenminister Horst Rasch (CDU) unter Druck gesetzt, „für Ordnung zu sorgen“. Polizei sicherte schließlich die Zufahrt. Gillo begab sich anschließend selbst auf das Werksgelände. „Die IG Metall torpediert den Aufbau Ost“, sagte er zu Pressevertretern und Betriebsangehörigen. Sachsens DGB-Chef Hanjo Lucassen warf Gillo daraufhin „gezielte Parteinahme“ zugunsten der Arbeitgeber vor. Der unverhältnismäßige Polizeieinsatz ziele auf die Einschüchterung der Streikenden.

In der aktuellen Stunde des Landtages am Freitag kritisierte PDS-Fraktionschef Peter Porsch ebenfalls, dass Gillo nicht vermittelnd, sondern parteiisch im Tarifkonflikt aufgetreten sei. Mitarbeiter von Federal Mogul betonten allerdings immer wieder, freiwillig zu arbeiten, um ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Die Wiedereingliederung der Minderheit der ehemals Streikenden in die Belegschaft gestaltet sich nach Angaben eines Beschäftigten sehr schwierig.

Ab Freitag nächster Woche könnte die Produktion der Marken Golf und Lupo in Wolfsburg wegen fehlender Teile aus Mosel/Zwickau zum erliegen kommen, sagte ein Konzersprecher. BMW kündigte an, die Produktion der 3er-Reihe in München und Regensburg ab Montag zu unterbrechen. Den Druck auf die IG Metall soll offenbar auch eine in Sachsen kursierende Nachricht erhöhen. Ein nicht näher genannter Automobilzulieferer will angeblich seine geplanten Investitionen stoppen, die rund 700 Arbeitsplätze gebracht hätten.