Fahnenverbrennung auf der Friedensdemo

Bei einer Kundgebung gegen den Krieg in Gaza sind in Bremen wohl israelische Flaggen verbrannt worden, auch die Parole „Juden raus“ soll skandiert worden sein. Die Strafbarkeit ist aber in beiden Fällen fraglich

Bei der Demo gegen die israelischen Angriffe auf den Gaza-Streifen am vergangenen Samstag sind in der Bremer Innenstadt offenbar doch Fahnen des Staates Israel verbrannt worden. Die Polizei widerrief gestern ein entsprechendes Dementi und bestätigte damit frühere Medienberichte. Man sei „eines Besseren belehrt“ worden, sagte ein Polizeisprecher – durch jetzt veröffentlichte Filme auf der Internetplattform Youtube. Ob sich die Kundgebungsteilnehmer damit auch strafbar gemacht haben, ist indes fraglich.

Zwar kann die „Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten“ mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren verurteilt werden – aber nur, wenn die Flaggen „öffentlich angebracht“ sind, also etwa an Fahnenmasten hängen. Das aber war hier nicht der Fall. In Frage kommt also wohl nur ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Die Polizei prüft den Fall derzeit noch, die Staatsanwaltschaft Bremen hat dazu noch keine Akten erhalten.

Mehmet Kilinc vom Dachverband islamischer Gemeinschaften, der neben anderen Organisationen zu der Kundgebung aufgerufen hatte, verurteilte die Flaggenverbrennung. Das sei „nicht richtig“, so Kilinc, und wäre „auf jeden Fall verhindert“ worden – wenn man es mitbekommen hätte. Die Veranstalter hätten sich via Megaphon scharf gegen solche Aktionen gewandt. Allerdings sind auch der Polizei nach eigenen Angaben keine brennenden Fahnen aufgefallen, ebenso wenig wie den DemonstrantInnen des Bremer Friedensforums, das ebenfalls zu den UnterstützerInnen zählte. Ekkehard Lentz, Sprecher der Initiative, distanzierte sich ausdrücklich von der Aktion. Man stehe „voll und ganz hinter dem Volk von Palästina“, verurteile aber alle Äußerungen, welche die „Vernichtung Israels“ forderten – die laut Friedensforum auf der Demo durchaus gefallen seien.

Auch die Parole „Juden raus“ soll dort skandiert worden sein, aber weder die Polizei noch das Friedensforum konnten dies gestern bestätigen. „Wir wären entsetzt, wenn das so wäre“, sagt Lentz. Ähnlich wie bei der Flaggenverbrennung ist aber auch hier die Strafbarkeit im konkreten Zusammenhang durchaus fraglich. Zwar gilt die Parole „Juden raus“ regelmäßig als volksverhetzend, wenn sie in antisemitischer Weise von Rechten geäußert wird – also „Juden raus aus Deutschland“ gemeint ist. Auf einer Kundgebung gegen den Krieg in Gaza liegt der Fall jedoch anders: Dort liegt die Deutung „Juden raus aus Gaza“ nahe. Und die wäre Juristen zufolge – unabhängig von der inhaltlich-politischen Bewertung – wohl nicht volksverhetzend, sondern noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Anders der Ausruf „Scheiß Juden“, der Youtube-Filme zufolge womöglich gefallen ist: Dieser ist volksverhetzend.

Für Freitag haben verschiedene Gruppen erneut zu einer Protestaktion gegen den Krieg in Gaza aufgerufen. Dabei wollen sich 600 Menschen in Leichentücher einwickeln und auf den Marktplatz legen. JAN ZIER