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: „Da hört der Spaß auf“

Der Regisseur und Autor Tonguç Baykurt liest im Pudel Salon aus seinem ersten Roman „Ibos Ehre“

taz: Herr Baykurt, bevor Sie anfingen zu schreiben, haben Sie bei der Werbeagentur Springer & Jacoby gearbeitet.

Tonguç Baykurt: Ach, das war in einem anderen Leben.

Was ist mit dem Romantitel „Ibos Ehre“ gemeint?

Ibo ist 16. Er ist ein türkischer Junge aus Altona und hat eine Schwester. Seine Ehre ist die Schwester. Deswegen kontrolliert und beobachtet er sie überall. Der Kasus Knacktus ist: die Schwester liebt ihre Freiheit über alles.

Das klingt nach diesen Geschichten, die damit enden, dass die Schwester stirbt.

Ja, aber diese Geschichte läuft anders. Ibo verliebt sich in die beste Freundin seiner Schwester. Dadurch verändert er sich, er steht auf gegen die Familie, die Tradition, die türkische Community. Er hätte seine Schwester ermorden können, aber er tut es nicht.

Ist diese Ehre in der türkischen Community wirklich so verbreitet?

So pauschal kann man das nicht sagen. Aber in traditionell orientierten Familien gibt es diesen Machismo auf jeden Fall.

Auch in Altona?

Da müssen Sie mal den Jungs, die vor der Spielhalle oder vor dem Hähnchengrill herumhängen, irgendein Wort sagen, das ihre Schwester angeht. Kann sein, dass ihre Schwester kein Kopftuch trägt. Aber sie ist ihre Ehre. Und da hört der Spaß auf.

Klingt deprimierend.

Deswegen muss man eben die Geschichten erzählen, die nicht so laufen. INTERVIEW: WIE

„Writer’s Room“ mit Irena Stojanova, Tonguç Baykurt und Yusuf Çetin: 21 Uhr, Pudel Salon, St. Pauli Fischmarkt 27

Fotohinweis:TONGUÇ BAYKURT, 46, Regisseur und Autor