Mehr Öl in Sicherheit

Internationale Ostseekonferenz in Kiel verabschiedet Vorschläge für Meeresschutz im EU-Binnenmeer. Gefährdung vor allem durch russische Billigtanker nimmt weiter zu

Kiel taz ■ Die Ostsee wird, gerade nach der Osterweiterung der EU, für den Verkehr immer wichtiger. Schon jetzt wird das europäische Binnenmeer täglich von rund 4.000 Schiffen, darunter 200 Tanker, befahren. Glaubt man den Prognosen von finnischen Experten, wird der Verkehr in den nächsten Jahren um 60 Prozent zunehmen.

Angesichts solcher Zahlen rückt nun die maritime Sicherheit im Baltikum in den Mittelpunkt. Wie diese verbessert werden kann, darüber diskutierten gestern im Kieler Schloss auf Einladung der Landesregierung rund 250 Experten aus den Anrainerstaaten auf der Ostsee-Sicherheitskonferenz. Das Ergebnis der Diskussion sind 14 „Kieler Vorschläge“, mit denen die maritime Sicherheit zwischen St. Petersburg und Kopenhagen gestärkt werden soll.

„Wir müssen endlich aktiv werden“, mahnte Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) gestern. Trotz dieser Forderung aber kam die Konferenz über Vorschläge nicht hinaus. Denn unter den Anrainerstaaten herrscht weiter Unstimmigkeit, wann und wie die Vorschläge umgesetzt werden sollen.

Ein Beispiel für das Konfliktpotenzial ist die Deklarierung der Ostsee als „Besonders Empfindliches Schutzgebiet“. Zwar hat die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) diese Ausweisung vor einem Monat beschlossen (taz berichtete) – noch aber sträubt sich Russland gegen die Einbeziehung seiner Hoheitsgewässer. Dabei sind gerade die russischen Häfen für das Gebiet von Bedeutung, da dort Öl umgeschlagen wird. Immerhin aber signalisierten die russischen Teilnehmer der Konferenz Verhandlungsbereitschaft.

Betroffen wäre der Ölexport der Russen auch von der Einführung einer „Tanker Transit Route“, die ebenfalls zu den Kieler Vorschlägen gehört. Mit der Route, die durch küstenferne Gewässer führt, sollen die Auswirkungen von Tankerunfällen auf die Anrainer minimiert werden. Die Route soll laut dem Generalsekretär der IMO, Efthimios Mitropoulos, 2005 verabschiedet werden. Noch länger wird sich wohl die Außerdienststellung von Einhüllentankern hinziehen – die Doppelhüllenpflicht für Schweröltransporte kommt erst 2010.

Noch verhandelt wird über die Lotsenpflicht in besonders engen Fahrwassern der Ostsee, etwa der Kadetrinne vor Bornholm. Das Gleiche gilt auch für die Einrichtung einer Europäischen Küstenwache, die ein koordiniertes Katastrophenmanagement erlauben würde. Noch aber sind nicht alle beteiligten Staaten für eine zentrale Lösung. Immerhin will sich die Bundesregierung laut Staatssekretär Ralf Nagel vom Bundesverkehrsministerium für eine einheitliche deutsche Küstenwache mit Sitz in Cuxhaven einsetzen – das jedoch liegt an der Nordsee.

Trotz der zahlreichen Vorschläge wurde auf der Konferenz auch Kritik laut. So forderte Johanna Wesnigk vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND): „Die Vorschläge müssen schneller umgesetzt werden und für alle Staaten verbindlich sein.“ Geschieht das nicht, dann befürchtet der BUND ähnliche Szenarien wie bei der Havarie der „Prestige“ vor Spanien. Wesnigk: „Da wurde nur reagiert, nicht agiert.“ timm schröder