Ehemaliger Minister unter Mordverdacht

Ermittlungen gegen Mazedoniens Ex-Innenminister wegen Mordes an sieben pakistanischen Flüchtlingen

SARAJEVO taz/ap ■ Die mazedonische Polizei macht Ex-Innenminister Ljube Boskovski für den Mord an sieben pakistanischen Flüchtlingen verantwortlich. Boskovski sei Drahtzieher der inszenierten Antiterroraktion im März 2002 gewesen, sagte eine Polizeisprecherin am Wochenende. Die Pakistaner waren in der Nähe der Hauptstadt Skopje von einer Sondereinheit der Polizei erschossen worden.

„Wir glauben, dass Boskovski dabei die entscheidende Rolle gespielt hat“, sagte Polizeisprecherin Mirjana Konteska am Samstag. Strafrechtliche Ermittlungen seien eingeleitet worden. Den Weg dafür hatte zuvor das Parlament geebnet, das am Freitagabend Boskovskis Immunität aufhob. Auch gegen drei seiner leitenden Mitarbeiter sowie einen Geschäftsmann und zwei Elitepolizisten wird ermittelt.

Der Vorfall ereignete sich auf dem Höhepunkt des Kampfes der mazedonischen Sicherheitskräfte gegen die albanische UÇK. Groß berichteten die slawisch-mazedonischen Medien über die Verbindungen der albanischen UÇK zum islamistischen Terrornetzwerk. Als Beweis wurde das Eindringen der sieben Pakistaner in das Land angeführt. Die Gruppe hätte Anschläge auf ausländische Botschaften geplant, hieß es, habe aber durch die mazedonische Polizei unschädlich gemacht werden können.

Doch die Information war falsch und gehört zu den Beispielen übelster Kriegspropaganda. Was internationale Journalisten vermuteten und Mitarbeiter der International Crisis Group bestätigten, war, dass die Pakistaner von Schiebern von Bulgarien aus Richtung Kosovo und dann nach Westeuropa gebracht werden sollten.

Ob der Mord geplant war, wird die weitere Untersuchung erweisen. Nach diplomatischen Quellen aus Skopje ist davon auszugehen, dass die Flüchtlinge in eine Falle gelockt wurden. Ex-Innenminister Ljube Boskovski gehört zu den nationalistischen Hardlinern, dem zudem Verbindungen zum organisierten Verbrechen nachgesagt werden.

Er wollte einen Propagandacoup landen. Die Mär von den islamischen Terroristen sollte vor allem in der von den Folgen des 11. September 2001 aufgewühlten US-Öffentlichkeit Stimmung für die mazedonische Regierung im Kampf gegen die UÇK machen. Das gelang aber nicht.

Auch in Pakistan hatte der Fall Aufsehen erregt. Die Regierung in Islamabad begrüßte jetzt, dass die mazedonische Regierung die Hintergründe des Vorfalls aufgedeckt und juristische Schritte eingeleitet habe, erklärte ein Sprecher. ERICH RATHFELDER