Klasse Anfang auf langer Bank
Grüne in Schleswig-Holstein wollen autonome kommunale Schulen einführen. Koalitionspartner SPD aber will vor der Landtagswahl über Schulpolitik lieber schweigen
kiel taz ■ Vielleicht liegt es an der Nähe zu Skandinavien, dass Bildungspolitiker in Schleswig-Holstein den Ausweg aus der Pisa-Misere häufig bei den nördlichen Nachbarn suchen. Erst im März hatte die SPD beschlossen, dass Schüler künftig bis zur zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet werden sollen – so wie im Pisa-Siegerland Finnland.
Ein solches integriertes Schulsystem allerdings wird so bald nicht kommen, denn mit Rücksicht auf die Landtagswahl im Februar nächsten Jahres war der Umbau des Schulsystems von der Regierungspartei auf die lange Bank geschoben worden. Nun aber drückt der kleine Koalitionspartner aufs Tempo: Die grüne Landtagsfraktion stellte gestern einen „Vorschlag für eine Öffnungsklausel für kommunale autonome Schulen“ vor.
Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich eine Initiative der grünen Bildungspolitikerin Angelika Birk, die das dreigliedrige Schulsystem über einen Umweg abschaffen will. Dazu hat sie einen Vorschlag für eine Öffnungsklausel im Schulgesetz gemacht, mit der Gemeinden die Trägerschaft der Schulen übertragen werden soll. Und das, betont Birk, „auf freiwilliger Basis“.
Diese „neue Schule“ könnte autonom über ihre Finanzen wie auch über die Personalpolitik entscheiden. Das Geld käme zwar weiterhin vom Land – über die Verwendung der Mittel aber sollen der Schulleiter oder der Schulvorstand, der sich aus Gemeindevertretern, Lehrern und Eltern zusammensetzt, frei entscheiden.
Auch sollen die neuen grünen Schulen eine abgespeckte Version der Gesamtschule sein, in der alle Schüler bis zur neunten Klasse gemeinsam lernen. Die bisherige Unterteilung in Haupt- und Realschulen wird durch „Binnendifferenzierung“ ersetzt. Dazu sollen auch in Kooperation mit den Universitäten im Land neue Didaktiken und Lehrpläne entwickelt werden – die Prüfungen allerdings nimmt auch weiterhin das Land ab.
Ob die Öffnungsklausel jedoch in das Schulgesetz aufgenommen wird, ist noch unklar. Die Landtagsmehrheit für die Klausel steht noch nicht, weil der Koalitionspartner SPD noch gar nicht in die grünen Pläne eingeweiht wurde. Unsicher ist auch, ob die Schulen denn mitziehen: „Wir haben mit einer Reihe von Schulleitern gesprochen, die interessiert waren“, sagt Birk. Ein klasse Anfang. timm schröder
