Die Kleinen sind nicht überlebensfähig

Mehr Bürgernähe und effektivere Verwaltung: Zahl der Gemeinden in Schleswig-Holstein soll auf fast ein Zehntel sinken. Land und EU machen Druck auf die Befindlichkeiten von Amtsinhabern. An der Kieler Förde aber gibt es sogar Freiwillige

Aus KielTimm Schröder

Der Streit um die Kommunalreform in Schleswig-Holstein ist nun auch im Landtag angekommen. Auf der gestrigen Sitzung des Parlamentes allerdings stritten die Parteien nur darüber, wie das Land die Reform – mit deren Hilfe die Anzahl der Gemeinden von heute 1.130 auf 180 sinken könnte – lenken soll. Dass die Anzahl der Gemeinden kleiner werden muss, stellt keine der Landtagsfraktionen in Frage.

Zudem hat Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) schon in der vergangen Woche im Kieler Schloss vor gut 100 Gemeindevertretern klar gemacht, wohin die Reise gehen soll. Die Ämter müssen eine Mindestgröße von 8.000 Einwohnern haben, um auch künftig vom Geldsegen der Europäischen Union (EU) profitieren zu können, sagte Simonis. Als Motivationshilfe bot die Regierungschefin fusionswilligen Gemeinden eine Prämie in Höhe von 100.000 Euro pro wegfallender Verwaltung an.

Hintergrund ist ein Bericht des Landesrechnungshofes, der die Kommunalstrukturen als „zu kleinteilig und ineffektiv“ bezeichnet. Dass sich diese Strukturen nicht ändern, liegt laut Rechnungshofbericht auch an „persönlichen Befindlichkeiten“ der Kommunalpolitiker – schließlich werden bei Fusionen etliche Bürgermeister überflüssig.

Michael Koops, Bürgermeister der Gemeinde Schönkirchen am Ostufer der Kieler Förde, kann damit nicht viel anfangen. Nach dem Vorbild der Insel Fehmarn (siehe Kasten) laufen bereits seit Mitte vorigen Jahres zwischen Koops Gemeinde und den Nachbarkommunen Mönkeberg und Heikendorf die Planungen für eine Gemeindefusion auf Hochtouren. Bis 2009 soll aus den drei Verwaltungen das „Amt Ostufer Kieler Förde“ mit rund 18.500 Einwohnern werden.

Für den Fusionswillen der Ostufer-Gemeinden gibt es laut Koops mehrere Gründe. Zum einen hat der Bürgermeister schon vor fünf Jahren festgestellt, dass seine Verwaltung mit 19 Mitarbeitern „schlicht nicht den Service leisten kann, den die Bürger von ihr erwarten“. Wenn etwa der Mitarbeiter des Ordnungsamtes in Schönkirchen im Urlaub ist, könne Koops das Amt „eigentlich schließen, weil wir keine Vertretung haben“. Solche Strukturen, sagt Koops, seien typisch für kleine Verwaltungen.

Probleme bekommen kleine Gemeinden auch durch die EU. Um etwa an Mittel aus dem Brüsseler Regionalfonds zu kommen, brauchen Gemeinden laut Koops „viel Wissen, weil die Vorgänge komplexer geworden sind“. Dieses Wissen aber fehlt häufig – genau wie die finanziellen Mittel, mit denen externes Know-How eingekauft werden könnte.

Solchen Schwierigkeiten wollen die drei Förde-Gemeinden mit der Fusion beikommen. Die Verwaltung – und damit die Kompetenz – wird in Heikendorf gebündelt, in Mönkeberg und Schönkirchen eröffnen Bürgerbüros. Auch wird die Zahl der Mitarbeiter von 54 auf 50 reduziert – die betroffenen Angestellten gehen in Rente. Neben den Personalkosten können die Gemeinden dann auch bei Mieten und EDV-Anlagen sparen –bis zu 300.000 Euro im Jahr.

Überflüssig wird mit der Fusion auch Koops selbst, denn in Heikendorf wird ein „zentraler Bürgermeister installiert“. Dieser Umstand aber bereitet weder

Koops noch seinem Mönkeberger Bürgermeisterkollegen Bauchschmerzen – beide gehen nach der Fusion in Ruhestand.