Die Magie des Mittelmaßes

Die Basketballer von RheinEnergie Köln sichern sich mit einem 80:71 gegen die Frankfurt Skyliners den DBB-Pokal und schöpfen daraus auch Hoffnung für die anstehenden Meisterschafts-Play-offs. Dort heißt der Gegner erneut Frankfurt

FRANKFURT taz ■ Die Basketballer von RheinEnergie Köln gewannen am Sonntag in der Frankfurter Ballsporthalle mit 80:71 (34:35) gegen die Opel Skyliners das Top-4-Finale um den deutschen Basketball-Pokal und damit den ersten Titel in ihrer noch jungen Vereinsgeschichte. Lange werden sie ihren Erfolg aber nicht mit Kölsch begießen können, denn schon ab 2. Mai treffen beide Teams in den Viertelfinal-Play-offs um die deutsche Meisterschaft erneut aufeinander. „Die Chancen stehen immer noch 60:40 für Frankfurt“, errechnete der Kölner Center Marko Jovanovic. Schließlich habe die Mannschaft vom Main in der Liga beide Partien gegen die Rhein-Riesen gewonnen und die Saison als Dritter abgeschlossen, sie dagegen mit Ach und Krach als Sechster.

„Psychologisch ist jetzt wohl Köln im Vorteil“, erklärte dagegen Skyliner-Kapitän Pascal Roller, „weil sie das wichtigere Spiel gewonnen haben.“ Sein Trainer, Gordon Herbert, wurde gar grundsätzlich: „Wenn wir nicht als Team spielen, kann jeder gegen uns gewinnen.“ Zwei Monate hatten die Frankfurter zuletzt mit extremer Mannschaftsstärke geglänzt und eine fulminante Siegesserie hingelegt. Doch ausgerechnet in den letzten zehn Minuten des Pokal-Endspiels ging dem Team der Geist aus.

„Wir sind auseinander gefallen“, analysierte auch Roller knallhart die finale Schlussphase, in der sein Team von 46:46 (30.) über 53:57 (34.) auf 55:65 (37.) nach und nach ins Hintertreffen geraten war – und schließlich 71:80 unterlagen. „Wir haben im Angriff das 1:1-Spiel zu sehr forciert und unnötige Turnovers kassiert“, hatte der Nationalspieler als Erklärung parat. Zudem vergab sein Team jeden zweiten Freiwurf und traf nur in 26 von 68 Feldversuchen den Korb.

Die passende Gegenanalyse entwickelte der Kölner Angreifer Marvin Willoughby, der neben Teamgeist das Vermeiden von Schwächen als Schlüssel zum Sieg analysierte: „Wir haben konstant gut gespielt. Wir hatten zwar keine extremen Höhenflüge, aber vor allem auch keine Tiefs.“ Diese Magie des Mittelmaßes ernannte er zur Lehre aus dem Finale des Vorjahres, das die Kölner unglücklich gegen Alba Berlin (80:82) verloren hatten. „Jetzt haben wir auch in den Play-offs eine gute Chance. Wir sind immerhin Pokalsieger“, befand Willoughby. Dabei sicherten sie sich die Kölner den Titel mit vergleichsweise geringem Aufwand: Denn während jede einzelne Play-off-Runde nach dem Prinzip „Best of five“ ausgespielt wird, reichten den Kölnern gerade mal vier Siege zum Pokalgewinn. Die international beschäftigten Teams steigen nämlich erst im Achtelfinale ein.

Derweil konnten sich die Anhänger des TSK Würzburg, ihr Team hatte das kleine Finale gegen TBB Trier mit 80:84 verloren, mit dem Fan-Pokal trösten. Insgesamt war die Zuschauerresonanz beim Top-4-Wochenende aber enttäuschend. Offiziell waren 4.400 Karten verkauft worden, in der Ballsporthalle saßen am Samstag aber höchstens 3.000, am Sonntag wohlwollend geschätzte 3.800 Zuschauer. Und das bei der Vergabe des zweitwichtigsten Titels im deutschen Basketball, was zeigt, dass von einem Boom in Deutschland weiter nur geträumt werden kann.

Wie sich das für die Spieler anfühlt, mussten die Frankfurter nach ihrem Pokalsieg vor vier Jahren am eigenen Leib erfahren: Zwar durften sie sich nach alter Väter Sitte im Frankfurter Römer ins Goldene Buch eintragen, das traditionelle Winkewinke vom Rathausbalkon aber fiel aus – es waren keine Fans gekommen. Wenigstens das blieb den Frankfurtern diesmal erspart.

ACHIM DREIS